Zeit-Ton

6. Mai 2014, 23:03

Noch einmal das "Eclat"-Festival Stuttgart, mit einem ganz anderen Spektrum als im gestrigen "Zeit-Ton". Orchestermusik bildet das Zentrum, es spielt das Radio-Sinfonieorchester Stuttgart, das ja, ungeachtet aller Proteste, demnächst mit dem Südwestrundfunk-Orchester wegen Sparmaßnahmen fusioniert werden soll.

Zur Orchestermusik gesellt sich Live-Elektronik, die das Klangspektrum meist erweitert, auch verräumlicht, jedoch im Falle des 37-jährigen deutschen Komponisten Hannes Seidl durch Filterungen reduziert. Aus Deutschland stammt auch Peter Gahn, 1970 geboren. Er erhielt im Vorjahr den Kompositionspreis der Landeshauptstadt Stuttgart. In seinem Stück, eine zweite "Nachtsicht", mischt sich Sprache in die live-elektronisch gesteuerten klanglichen Modifikationen. Der Kalifornier Jay Schwartz, der in Tübingen Musikwissenschaft studiert hat, verzichtet auf Elektronik und lenkt sein kompositorisches Interesse auf instrumentale Klangmetamorphosen. So überträgt er zum Beispiel Wellenbewegung auf musikalische Phänomene. In seine Harmonik ist Mikrotonalität einbezogen.

Auch José María Sánchez Verdú, weit über Spanien hinaus mittlerweile prominenter Komponist, quasi nebenbei Musikologe und Dirigent, findet ohne Elektronik zu unüblichen orchestralen Klangfärbungen, indem er solistisch das selten zu hörende Bass-Saxophon einsetzt. Sánchez Verdú, der sehr viele feinsinnige, meist kurze Kammermusikstücke geschrieben hat, schöpft zuweilen seine Imagination aus der europäischen Kulturgeschichte, indem er beispielsweise, ausgehend vom Buchstaben, die Folgen der Schrift als solcher, respektive der schriftlichen Aufzeichnungen reflektiert, so in seinem Musiktheater "Gramma - Gärten der Schrift", ein Klang-Raum-Theater, eigentlich ohne Theater, da die Zuhörer/innen lesend die in Stationen gegliederten Betrachtungen erleben. Und nun: eine Eloge des (klanglichen) Übergangs.

Sendereihe

• Sound Art: Zeit-Ton