Salzburger Nachtstudio

Gerechtigkeit in einer Welt der Gegensätze
Gestaltung: Elisabeth J. Nöstlinger

"Jedem das Seine", sagte vor 2.000 Jahren Platon und sprach von der Gerechtigkeit als einer Tugend, die im Stande sei, wie ein kluger Wagenlenker die menschlichen Triebe und Gefühle so zu führen und zu steuern, dass sowohl der Einzelne als auch das Gemeinwesen dadurch Gutes erfahre. Voraussetzung dafür ist eine Polis, die Chancengleichheit, Entfaltungsmöglichkeit und allen gleiche Rechte und Pflichten einräumt. Wann war dies je gegeben, könnte man fragen? In unserer globalisierten Welt scheint dieser Anspruch jedoch uneinlösbar zu sein. Die Ressourcen sind knapp und ungleich verteilt. Die Schere zwischen Arm und Reich klafft immer weiter auseinander. Weltweit.

Trotzdem ist Gerechtigkeit ein Leitziel der Menschen, das die verschiedenen Kulturen und Epochen eint. "Und trotz des hochumstrittenen Gehaltes", was denn Gerechtigkeit sei, "sehnt sich die Menschheit nach einer Welt, in der Gerechtigkeit herrsche, und fordert sie auch ein", sagt Ottfried Höffe. Zugleich fordert der Tübinger Philosoph von einem bescheidenen Gerechtigkeitsbegriff auszugehen, der eine Eigenschaft von Personen beschreibt, sie sich an Recht und Gesetzt halten, anstatt im Namen der sozialen Gerechtigkeit oft ausufernde Forderungen zu stellen. Was aber macht die Menschen so gerechtigkeitssensibel?

Eva Jonas von der Universität Salzburg fragt nach den psychologischen Ursachen von Gerechtigkeitsbestrebungen und zeigt auch die Wirkung auf, wenn Menschen beispielsweise in Betrieben Gerechtigkeit erfahren. Es ist ein sehr positiver Effekt, der sich auch auf das oft geforderte freiwillige Engagement auswirken könnte. Dafür brauche es aber mehr erfahrene Gerechtigkeit. Dann verstärkt sich vielleicht die Tendenz, die Stefan Liebig feststellt, dass die Gerechtigkeitssensibilität in modernen Gesellschaften zunehme. Obwohl die empirische Bestätigung dafür noch ausstehe, lassen sich ermutigende Anzeichen von Solidarität und Gemeinwohldenken in den europäischen Gesellschaften erkennen, meint der Soziologe von der Universität Bielefeld.

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