Nachtquartier

27. Juni 2014, 00:08

Im Jahr 2011 hat der damals 24jährige Student der Rechtswissenschaften Max Schrems das soziale Netzwerk Facebook um seine Daten angefragt. Er bekam ein über 1200 Seiten starkes PDF-Dokument zugeschickt, in dem viele Daten enthalten waren, die längst hätten gelöscht sein müssen. Das Dokument belegte etliche Fälle von Datenschutzverstoß. Als Schrems daraufhin Facebook klagte, wurde er von heute auf morgen "zum Held des Datenschutzes stilisiert", wie er es formuliert. In den letzten Jahren ist viel passiert. Max Schrems gründete den Verein "europe-v-facebook.org" und reichte über 20 Klagen aufgrund von Datenschutzverletzungen beim irländischen High Court ein. Erst letzten Mittwoch entschied das irische Gericht, den Fall, in dem die Zusammenarbeit von Facebook mit dem US-Geheimdienst NSA zur Diskussion steht, vor den Europäischen Gerichtshof zu bringen.

In seinem Buch "Kämpf um Deine Daten" erklärt Max Schrems - auch für all jene verständlich, die weder Jurist_innenen noch IT-Expert_innen sind - wo und wie wir unseren täglichen Datenstrom hinterlassen, wem er auf welche Art und Weise nutzt und wie schweigsam nicht nur Facebook wird, wenn es um die Frage geht: Was passiert mit den gesammelten Daten?

Wer sich mit der Sammlung und Verwendung von Daten näher beschäftigt, so Schrems in seinem Buch, kann schnell paranoid werden. Der immer größer werdende Datenstrom erlaubt es, die Menschen und ihr Verhalten auf nie da gewesene Weise zu quantifizieren. Das System errechnet Profile, Zahlen und Wahrscheinlichkeiten, die als Grundlage für Entscheidungen dienen. Wie lange man welche Kund_innen in der Warteschleife warten lässt, ob ein_e Kunde_in kreditfähig ist oder nicht, wie viel ein_e Kunde_in bereit ist für etwas zu zahlen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass ein_e Straftäter_in rückfällig wird, und so weiter. Wer sich nicht nach der berechneten Norm verhält, wird "zur Fehlerquote". Nicht mehr die Entscheidungsträger stehen in der Verantwortung, sondern das System der Berechnung. "Sind wir am Weg in eine Algorithmusdiktatur?" fragt Max Schrems, und wie kann ein Weg daran vorbei führen?

Ist es überhaupt noch möglich, dass man als Bürger_in seine Datenschutzrechte einfordert oder haben die Datenriesen Google, Facebook & Co ohnehin schon mehr Macht als die Politik? Irland hat als einziges europäisches Land ein Datenschutzgesetz, das keine Strafe vorsieht. Nicht zufällig haben sich viele IT Unternehmen dort niedergelassen. "Irland erholt sich mühsam von einer Finanzkrise und ist extrem von Technologieunternehmen abhängig. Wie viel Geld die Sitzverlegung diverser IT Unternehmen nach Irland dem Staat gebracht hat, ist nicht genau belegt, man findet jedoch Zahlen von zirka 4,5% des Bruttoinlandsprodukts Irlands."

Was für Gedanken machen Sie sich über Ihre Daten? Glauben Sie, stehen wir diesen Entwicklungen ohnmächtig gegenüber? Kristin Gruber spricht mit Max Schrems und unseren Anrufer_innen über das legale und illegale Geschäft mit unseren Daten, Zukunftsszenarien und drei Jahre voller Konferenzen, Klagen und Interviews.

Rufen Sie uns an unter 0800 22 69 79, schreiben Sie uns per Mail an nachtquartier@orf.at oder hinterlassen Sie uns ein Posting im Nachtquartier-Forum der aktuellen Sendung.

Service

Max Schrems "Kämpf um deine Daten"
192 Seiten
2014 edition a

europe-v-facebook.org
Kämpf um deine Daten
crowd4privacy.org
McKeon Grafik - The Evolution of Privacy on Facebook

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