Europa-Journal

1. Schottland - Hochspannung vor der Abstimmung
2. Ungarn I - Flucht in den Westen
3. Ungarn II - Freie Medien?
4. Tschechien - Das amtlich verordnete Vergessen
Moderation: Cornelia Krebs


Schottland - Hochspannung vor der Abstimmung

Am 18. September stimmen die Schotten und Schottinnen über die Loslösung von Großbritannien ab. Dass eine Umfrage vor wenigen Tagen die Unabhängigkeits-Befürworter erstmals knapp vorne sah, führte in London zu großer Nervosität: Gleich drei Parteichefs, unter ihnen Premier David Cameron, fuhren diese Woche nach Schottland und warben für einen Verbleib im Vereinigten Königreich.
Was steckt hinter der Unabhängigkeitsbewegung: Nationalstolz oder Wirtschaftsinteressen? Wäre ein weiterer Kleinstaat in Europa überhaupt lebensfähig? Und was könnte die Ankündigung eines weiteren royalen Babys für das Referendum in einer knappen Woche bedeuten?
Darüber spricht Elisa Vass mit einem der Hauptproponenten der schottischen Unabhängigkeit, dem Parlamentsabgeordneten der Scottish National Party Angus Robertson.


Ungarn I - Flucht in den Westen

Vor genau 25 Jahren hat Ungarn den ersten Stein aus der Berliner Mauer geschlagen. Die damalige reformkommunistische Regierung unter Ministerpräsident Miklós Németh hat in der Nacht auf den 11. September 1989 entschieden, die Grenzen für DDR-Bürger zu öffnen. Zehntausende Menschen aus Ostdeutschland hatten sich damals in Ungarn aufgehalten, mit der festen Absicht, in den Westen zu fliehen. Es hatte sich in der damaligen DDR sehr rasch herumgesprochen, dass Ungarn Anfang Mai 1989 begonnen hatte, den Eisernen Vorhang abzubauen. Nur zwei Monate nach der ungarischen Grenzöffnung ist die Berliner Mauer gefallen und mit ihr der gesamte Ostblock. Das damalige reformfreudige und liberale Ungarn war Vorreiter einer demokratischen Entwicklung in Osteuropa. Heute gilt Ungarn in der EU als demokratiepolitisches Schlusslicht, das Land ist vom demokratiepolitischen Musterschüler zum Sorgenkind geworden. Ernst Gelegs schildert in seiner Reportage, wie alles begonnen hat und was aus Ungarn geworden ist.


Ungarn II - Freie Medien?

András Stumpf und Szabolcs Dull sind beide Anfang 30, beide arbeiten als politische Journalisten in Budapest. András Stumpf bei einer Wochenzeitung, der eine gewisse Nähe zur Regierung nachgesagt wird. Szabolcs Dull hat seinen Job beim öffentlich-rechtlichen Radio aufgegeben und versucht gerade einen beruflichen Neustart bei einem Onlinemagazin. In der Frage, ob Journalisten angesichts der strengen Mediengesetze frei und unabhängig arbeiten können, gehen ihre Meinungen weit auseinander, hat Srdjan Govedarica herausgefunden.


Tschechien - Das amtlich verordnete Vergessen

Da, wo im Zweiten Weltkrieg ein Arbeits- und Deportationslager für Roma stand, errichtete das kommunistische Regime einen riesigen Schweinemastbetrieb. Tatsächlich geriet das einstige KZ in Lety (ca. 80 km von Prag entfernt) beinahe in Vergessenheit, bis Historiker nach der Wende die Fährte aufnahmen. Die Schweineställe gibt es immer noch, obwohl Politiker seit mehr als zwei Jahrzehnten die Schließung fordern - immerhin aber auch eine kleine Gedenkstätte. Der Streit um den richtigen Umgang mit dem Gedenkort hält aber an und kocht anlässlich einer Gedenkveranstaltung wieder hoch: Ein Parlamentsabgeordneter hatte geleugnet, dass es dort ein KZ gegeben habe; andere Parlamentarier setzen sich für den Schweinebetrieb ein ("wovon sollen die Leute sonst leben?"), wieder andere sind grundsätzlich für eine größere Gedenkstätte, die sich die Roma aber bitte selbst bezahlen sollen. Ein Bericht von Kilian Kirchgessner

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