Gedanken für den Tag

von Anja Salomonowitz, Filmemacherin. "Geschichten, die den Alltag transzendieren". Gestaltung: Alexandra Mantler

Über die Freundschaft

Heute möchte ich über Freundschaft sprechen, über ungewöhnliche Freundschaften. Einen Tipp abgeben zu einem väterlichen Freund. Der väterliche Freund, der dem Kind Dinge beibringen kann, die man selbst nicht abdeckt, der mit ihm über Dinge spricht, die man vielleicht nicht kennt, dem das Kind später Sorgen erzählen kann, die es einem nicht so gerne anvertraut, Sie wissen schon.

Wir haben so jemanden für unseren älteren Sohn - den Christian. Der Christian trägt ein Ketterl mit "Rapid" oben drauf und hat VIP Karten für jedes Spiel. (Wir, die Eltern, waren noch nie auf einem Fußballplatz.) All die Fragen, die ich dazu habe, was heißt Abseits etc. kann ich jetzt meinen Sohn fragen, bzw. höre ich die Antworten ungefragt. Das Hannapi Stadion gibt's ja jetzt nicht mehr, da hatten sie Plätze in der vorderen Reihe und in der Pause konnte man zum Buffet. Der Christian ist ganz fertig, wie viel der Knabe essen kann. 7 mal Nockerl mit Saft. Zu Hause malt der Zino dann begeistert Zuschauer für sein eigenes Stadion aus Papier, kleine Strichmännchen. Dazwischen Gekritzel. "Was ist denn das schwarze da?", frage ich dann, ganz naiv. "Mama, das ist das bengalische Feuer", kommt weise zurück.

Das zweite, was der Christian ihm beigebracht hat, ist fischen. Herrlich. Fischen an der alten Donau. Sie fahren mit einem wunderschönen Floss aus Holz und "gehen auf Hecht". "Gehen auf Hecht" muss man nämlich wissen, heißt: im Fahren mit einem zappelnden Ding hinten dran hängen angeln, denn der Hecht frisst gern lebende Sachen. Der Zino kennt jetzt alle Fische auseinander, Rotfedern, Karpfen (okay, die sind leicht), Schleie, Brachse. Christian kann die Fische entschuppen und nimmt ihnen die Innereien mit der Hand heraus. Der Zino übrigens auch, gnadenlos. Sitzt jetzt mit der schönen Angel, die ihm, versteht sich, der Christian geschenkt hat, stundenlang alleine am Steg und schaut auf die alte Donau. Wirkt meditativ, ist aber der reinste Jagdtrieb.

Das sind alles Dinge, die ich, die wir, ihm nie hätten beibringen können. Ich danke dem lieben Gott, dem Universum, oder vielleicht dem Vater vom Christian, dass der Christian in unser Leben gekommen ist. Und das war's auch wieder mit meinen Tipps.

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Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Max Richter
Titel: Vivaldi, The Four Seasons, Spring 1
Ausführende: Max Richter
Länge: 02:00 min
Label: Deutsche Grammophon B008A1TIOK

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