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"Ohne Abschied."
Die Eltern des 13-jährigen Joël Horn suchen nach einer Erklärung für den Suizid ihres Sohnes. Im Polizeiprotokoll ist von einer "Beleidigung auf Facebook" die Rede, die ihn am Abend des 14. Mai 2010 sehr aufgebracht haben soll.
Feature von Eva Roither

Am Abend des 14. Mai 2010 steht die Polizei vor Michaela Horns Wohnungstür. Ihr 13-jähriger Sohn Joël hat sich das Leben genommen, ist die traurige Nachricht, die die Beamten überbringen müssen.

"Es ist aus dem Nichts heraus passiert für uns", erinnert sich die attraktive Frau und Mutter von sechs Kindern. Nach dem Begräbnis suchen sie und der Vater des Jungen, von dem sie getrennt lebt, nach möglichen Anhaltspunkten. Im Polizeiprotokoll ist von einer "Beleidigung auf Facebook" die Rede, die ihren Sohn an diesem Abend sehr aufgebracht haben soll.

Sie durchsuchen den Computer, den Joël zuletzt benützt hat - und werden fündig. In der Verlaufsliste stoßen sie auf einen Link, der zu einer Homepage führt, auf der ihr Sohn als Homosexueller dargestellt wird. Darunter finden sich pornografische Videos und Fotos fremder Menschen. Mit dieser Entdeckung, die sie auf einen USB-Stick kopieren und der Kriminalpolizei vorlegen, beginnt für die Eltern eine kurze, enttäuschende Reise durch das österreichische Rechtssystem. An deren Ende steht die Tatsache, dass - aus den unterschiedlichsten Gründen - im Fall ihres Sohnes nicht weiter ermittelt wird.

"Die Sinnlosigkeit von Joëls Tod war für mich nicht akzeptabel," resümiert Michaela Horn. Ab August 2010 wendet sie sich daher an die Öffentlichkeit. Während Joëls Vater keine Interviews geben möchte und nicht über den Tod seines Sohnes reden kann, wird Michela Horn zu Talkshows in Österreich und Deutschland eingeladen. Sie möchte aufklären, andere Eltern auf die Gefahren des Internets hinweisen. Und sie möchte Gesetzesänderungen. Öffentlichkeitsarbeit ist für sie auch ein Teil der Trauerarbeit. Was ihr noch hilft, erzählt sie, ist ihre Arbeit, der Alltag mit den Kindern und die Erinnerungen an ihren Sohn.

Diese Sendung wurde diesen Juni mit Silber bei den "New York Festivals International Radio Program Awards" ausgezeichnet und damit in den Rang der weltbesten Radiosendungen dieses Jahrgangs erhoben.

Ton: Martin Leitner
Soundstücke: Stefan Weber
Redaktion: Elisabeth Stratka

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