Gedanken für den Tag

von Rupert Roniger, Geschäftsführer von "Licht für die Welt". "Begegnungen, die Licht in mein Leben bringen" - Zum Welttag des Augenlichts. Gestaltung: Alexandra Mantler

Aluat (Südsudan)

Ich habe als Vater von drei Kindern drei Mal das Glück erfahren, die Geburt eines Kindes mitzuerleben. Jenen unbeschreiblichen Moment, das Baby zum ersten Mal in den Armen zu halten und ihm in die Augen zu sehen. Der Versuch, dieses Gefühl zu beschreiben, ist zum Scheitern verurteilt.

Beim mobilen Einsatz des augenmedizinischen Teams von LICHT FÜR DIE WELT im Südsudan traf ich in der Stadt Bor Aluat, eine junge Bäuerin. Als Aluat 31 Jahre alt war, erkrankte sie an Grauem Star. Bei der Arbeit auf dem Feld sieht sie die Maispflanzen nur verschwommen. Aluat kümmert sich weiter, so gut es geht, um ihren kleinen Sohn, kocht für die Familie und versorgt das Vieh. Doch innerhalb weniger Monate ändert sich Aluats Leben dramatisch. Ihr Mann bekommt hohes Fieber und stirbt binnen weniger Tage. Aluats Seevermögen wird schlechter, sie erblindet. Und - sie ist schwanger. Aluat war in einer aussichtslosen Situation: eine blinde, schwangere Witwe mit einem 2- jährigen Sohn, in einer der ärmsten Regionen der Welt. In der jede Familie bangt, ob die Vorräte an Mais und Sorghum bis zur nächsten Ernte reichen. Die Voraussetzungen für ein gutes Leben, könnten kaum schlechter sein. Ihr Schwager nimmt Aluat bei sich auf. Sie bringt ihr zweites Kind zur Welt, ein kleines Mädchen. Liebevoll nimmt sie das Baby in ihre Arme, stillt es und streichelt die weiche Haut. Sehen kann sie ihre kleine Tochter nicht.

Eines Tages erfährt Aluat von einem Mann aus dem Nachbardorf, der blind gewesen war und nach einer Augenoperation wieder sehen kann. Zwei Mal pro Jahr würde ein Augenarzt in die Stadt Bor kommen und blinde Menschen operieren - egal ob sie Geld haben oder nicht. Aluat macht sich - geführt von ihrem Schwager - auf den Weg zur Augenstation. Der Fußmarsch dauert einen ganzen Tag. "Du wirst wieder sehen können", sagt die freundliche Krankenschwester. Die Operation dauert nicht mehr als 20 Minuten.

Es ist auch für mich ein ganz besonderer Moment, als Aluat am Morgen nach der Operation der Augenverband abgenommen wird. Staunend beginnt sie, ihre Umwelt mit den Augen wahrzunehmen. Nach Monaten der Blindheit kann Aluat wieder sehen! Die Freude der jungen Frau, ihr eigenes Kind zum ersten Mal zu sehen, ist unbeschreiblich. Aluat brachte Licht in mein Leben. Weil sie zeigt, dass es manchmal in unseren Händen liegt, eine unerwartete positive Wendung in das Leben anderer Menschen zu bringen.

Service

Licht für die Welt

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Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Afia Mala
Titel: Segne
Ausführende: Afia Mala
Länge: 02:00 min
Label: Putumayo World Music PUTU 151-2

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