Matinee live

Wiener Philharmoniker, Dirigent: Daniel Barenboim; Karl-Heinz Schütz, Flöte.
Pierre Boulez: a) Livre pour cordes (Fassung für Streichorchester); b) Mémoriale; c) Originel (Übertragung aus dem Großen Musikvereinssaal in Wien in Dolby Digital 5.1 Surround Sound). Präsentation: Arthur Trainacher


Pierre Boulez
"In meinem tiefsten Innern bin ich ein Utopist."

Kaum etwas ist charakteristischer für die Entwicklung des kompositorischen Oeuvres von Pierre Boulez, als das lebenslange Weiterarbeiten an seinen Werken. Das heute berühmteste Beispiel sind wohl die "Notations" für Klavier aus 1945, aus denen heraus Pierre Boulez über Jahrzehnte hinweg Orchesterfassungen entwickelt hat, die heute oft auf den Programmen von Symphonieorchestern stehen. Aber Pierre Boulez instrumentiert nicht einfach frühere Werke, sondern komponiert sie jedes Mal gewissermaßen von Grund auf neu. Seine Lebenserfahrung und auch jahrzehntelange berufliche Praxis als Dirigent würden solche rigoros neugedachten Fassungen geradezu herausfordern. Das bringe ihn allerdings in ein spannungsgeladenes Feld zwischen utopischen Wunschvorstellungen und einem ziemlich präzisen Wissen um das Mögliche. "In meinem tiefsten Innern bin ich ein Utopist", sagte er vor Jahren in einem Interview in der "Zeit", "ein Utopist, der prinzipiell denkt: Es muss und es wird möglich sein. Von vielen Details weiß ich inzwischen auf Grund von Erfahrung, dass ihre Realisierung nicht möglich ist. Ich habe nicht meine Schreibweise, meinen Stil geändert. Meine Absichten werden weiterhin von zwei Grundsätzen geleitet: Ich denke zum einen an die Komposition, zum anderen an die Praktikabilität. Ich bin nicht gegen ein Utopia, ich liebe es, denn es zwingt einen zu Entscheidungen in eine bestimmte Richtung. Aber mein Utopia ist nach kurzer Zeit ziemlich nahe an die Realität gerückt."

Auch die auf dem Programm dieses Konzertes stehenden Werke sind prototypisch für diese Eigenheit von Pierre Boulez. "Mémoriale (---explosante-fixe---originel)" beruht auf einem 1971 konzipierten und im Anschluss komponierten Stück, das ursprünglich ein in memoriam für Igor Strawinsky gewesen ist, in dem eine solistische Flöte eine zentrale Rolle gespielt hat. Inzwischen existieren mehrere verschiedene Versionen, mit und ohne Elektronik, mit kleinerem oder größerem Ensemble. "Ich liebe das Experimentieren mit dem Streichorchester" sagt Pierre Boulez im zitierten Interview noch und so ist klar, dass auch sein 1955 entstandenes Streichquartett "Livre pour cordes" über die Jahrzehnte in immer neuen, streichorchestralen Verkleidungen - Boulez möge das Wort verzeihen - auf die Bühne gekommen ist. (Christian Scheib)

Service

Diese Sendung wird in Dolby Digital 5.1 Surround Sound übertragen. Die volle Surround-Qualität erleben Sie, wenn Sie Ö1 unter "OE1DD" über einen digitalen Satelliten-Receiver und eine mehrkanalfähige Audioanlage hören.

Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: PIERRE BOULEZ/geb.1925
Titel: Livre pour cordes (Fassung für Streichorchester)
Orchester: Wiener Philharmoniker
Leitung: Daniel Barenboim
Länge: 12:08 min
Label: Heugel/UE/Leihmat.

Komponist/Komponistin: PIERRE BOULEZ/geb.1925
Titel: Mémoriale (---explosante-fixe---originel) für Flöte und acht Instrumente
Solist/Solistin: Karl-Heinz Schütz/Flöte
Orchester: Wiener Philharmoniker/Mitglieder
Leitung: Daniel Barenboim
Länge: 05:28 min
Label: UE/Leihmat.

Komponist/Komponistin: PIERRE BOULEZ/geb.1925
Titel: Originel
[Klangregie und Live - Elektronik: Christina Bauer und Noid Haberl, entwickelt und realisiert durch IRCAM (Institut de Recherche et Coordination Acoustique/Musique)]
Solist/Solistin: Karl-Heinz Schütz/Flöte
Orchester: Wiener Philharmoniker
Leitung: Daniel Barenboim
Länge: 05:28 min
Label: UE/Leihmat.

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