Gedanken für den Tag

von Rainer Bucher, Professor für Pastoraltheologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät in Graz. "An Gott glauben jenseits aller Selbstverständlichkeit". Gestaltung: Alexandra Mantler

In Martin Luthers "Großem Katechismus" steht ein ebenso realistischer wie harter Satz: "Woran Du Dein Herz hängst und worauf Du Dich verlässt, das ist eigentlich Dein Gott."
Luthers Satz vertreibt gleich eine ganze Reihe von Missverständnissen, etwa, dass es beim Glauben an Gott zuerst und vor allem um etwas Jenseitiges und nicht um uns und unser konkretes Leben ginge, oder dass das Wichtigste wäre, was wir zu Gott meinen und sagen, und nicht, was wir tun und entscheiden, und überhaupt, dass der Glaube an Gott etwas Ideales und nicht etwas Reales und ganz und gar Konkretes sei.

Vor allem aber macht der Satz klar: Man entkommt der Gottesfrage nicht so leicht: weder in einen Atheismus, der sie nicht stellt oder für negativ beantwortet hält, noch in einen Agnostizismus, der sie für unbeantwortbar hält, und schon gar nicht entkommen wir dieser Erkenntnis in die Selbstsicherheit eines "Wir haben doch das richtige Glaubensbekenntnis" oder "Ich glaube doch an den wahren Gott" oder "Ich gehöre doch der richtigen Kirche an".
Dieser selbstgerechten Selbstsicherheit entgegnet der Satz von Luther: Ja, schon recht, aber glaubst Du wirklich an ihn? Oder glaubst Du nur, dass Du an ihn glaubst? Vor allem aber sagt er: Es gibt einen Ort, an dem man merkt, woran Du wirklich glaubst, und an dem es auch noch veröffentlicht wird: das ist nämlich das, woran Dein Herz hängt und worauf Du Dich verlässt.

Es gibt in jedes Menschen Leben das, woran man glaubt, real, im Vollzug der eigenen Existenz. Zu erkennen ist dies am Unverstelltesten in den Taten und Vollzügen des eigenen Lebens. Unser Gott ist das, wonach wir leben, das, woran wir zuletzt hängen, das, worauf wir wirklich in unseren Entscheidungen und Alltagshandlungen vertrauen, das also, wovon also unser Leben redet.

Wir verkünden immer unseren Gott, ob wir wollen oder nicht. Unser Leben redet immer von dem, woran wir glauben. Wir verkünden einen Gott einfach dadurch, dass wir sind. Insofern geben wir immer unseren Gott weiter. Daran kommen wir gar nicht vorbei.

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Georg Philipp Telemann/1681 - 1767
Album: TELEMANN: MUSIQUE DE TABLE in 3 Teilen
* Air; Un peu vivement - 6.Satz (00:04:53)
Titel: Nr.1 Ouvertüre/Suite für 2 Flöten, Streicher und B.c. in e-moll
Gesamttitel: TAFELMUSIK I P 27 Nr.1
Ausführende: Musica Antiqua Köln
Leitung: Reinhard Goebel
Länge: 02:00 min
Label: DG 4276192 (4 CD)

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