Radiodoktor - Medizin und Gesundheit

9. Februar 2015, 14:05

Anfangs sind es nur ein paar kleine Vergesslichkeiten: Wo ist der Wohnungsschlüssel, die Brille, warum nochmal wollte man gerade in die Küche? Zunehmend fällt es schwerer, sich zu konzentrieren, Worte zu finden, um Dinge benennen zu können. Auch die Gemütslage verändert sich, Traurigkeit und Zorn verdrängen die Freude am Leben.
All dies können Anzeichen einer Demenz sein, müssen aber nicht. Erst eine genaue Abklärung, etwa in einer Gedächtnisambulanz, kann Aufschluss geben. Mit modernen Untersuchungsmethoden ist es möglich, mit 90-prozentiger Sicherheit eine eindeutige Diagnose zu erstellen. Die vom deutschen Psychiater Alois Alzheimer 1906 erstmals beschriebene Erkrankung stellt die häufigste Form aller Demenzen dar. Rund 100.000 Österreicher sind betroffen, bis 2030 wird sich diese Zahl aufgrund der Bevölkerungsentwicklung voraussichtlich verdoppeln. Denn der Hauptrisikofaktor ist nun mal das Alter. Die Erkrankung lässt sich in ihrem Fortschreiten nach wie vor medikamentös nur bedingt verzögern. Daher kommen der Betreuung und letztlich auch der professionellen Pflege der größte Stellenwert zu. Unsere beiden Sendungsgäste sind Expertinnen in mehrfacher Hinsicht. Felicitas Zehetner betreute ihren erkrankten Mann und hat 1997 den gemeinnützigen Verein MAS Alzheimerhilfe (Morbus Alzheimer Syndrom) gegründet.
Die Psychotherapeutin Mag.a Antonia Croy hat ihre Mutter über viele Jahre gepflegt, war die zentrale Figur bei der Entstehung von Alzheimerangehörigen-Gruppen in Ostösterreich und ist Mitarbeiterin an der Memory Clinic im SMZ Ost-Donauspital in Wien.
Beide Expertinnen wurden für ihren Einsatz mehrfach geehrt und sie kennen alle Probleme, die Morbus Alzheimer für die Erkrankten und die Angehörigen mit sich bringt.
Rund 20 Prozent der Betroffenen werden in stationären Einrichtungen gepflegt, 80 Prozent hingegen zu Hause - von Angehörigen, die sich dieser großen Herausforderung stellen. Somit wird der Morbus Alzheimer zur Familienangelegenheit. Da sich die Erkrankten oft nicht mehr an ihr Umfeld anpassen können und ihre Bedürfnisse stark im Mittelpunkt stehen, hat die Alzheimer'sche Demenz nicht nur Auswirkungen auf das Leben der Kranken, sondern auch auf jenes der Angehörigen. Der österreichische Autor Arno Geiger schrieb in seinem Buch "Der alte König in seinem Exil" über den Umgang mit seinem an Alzheimer erkrankten Vater: "Und auch ich selber veränderte mich. Die Krankheit machte etwas mit uns allen." Zwar gibt es Unterstützung von öffentlicher Seite, die Angebote reichen aber bei weitem nicht aus. Wollen pflegende Angehörige ein paar Tage Urlaub machen, so ist dies meist nicht realisier- und leistbar. Private Initiativen, wie die "MAS Alzheimerhilfe", unterstützen Familien bei der Bewältigung dieser und weiterer Herausforderungen.

Dieses Mal informieren Sie Radiodoktor Univ.-Prof. Dr. Manfred Götz und seine Gäste über die Auswirkungen des Morbus Alzheimer auf das System Familie, die zur Verfügung stehenden Förderungen, Unterstützungsmöglichkeiten etc., die den pflegenden Angehörigen das Leben zumindest etwas erleichtern können.

Eine Sendung von Dr. Ronny Tekal.
Redaktion: Dr. Christoph Leprich

Service

Mag.a Antonia Croy
Personenzentrierte Psychotherapeutin in freier Praxis
Präsidentin des Vereins Alzheimer Angehörige Austria, Selbsthilfegruppe
Beatrixgasse 16/3
A-1030 Wien
Tel: +43/699/13 56 4161
E-Mail
Alzheimer Angehörige Austria

Felicitas Zehetner
Akademische Gerontologin und Gründerin des Vereins MAS Alzheimerhilfe
MAS Alzheimerhilfe
Lindaustraße 28
Eingang A - 2. Stock
A-4820 Bad Ischl
Tel.: +43/6132/21410
E-Mail
MAS Alzheimerhilfe

Alzheimer Austria
Volkshilfe Demenzhilfe
Beratungsstellen und Angehörigengruppen
Liste der Selbsthilfegruppen - Alzheimer und andere Demenzerkrankungen
Österreichische Alzheimer Gesellschaft

Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz
Pflegetelefon: +43/800/20 16 22
E-Mail

Interessensgemeinschaft pflegender Angehöriger
"Leben mit Vergessen" - Umfassende Informationen zu Morbus Alzheimer
Broschüre "Leben mit Vergessen" zum Download
Alzheimer-Forscher Deutschland, Hirnliga e.V.
Alzheimer Research Forum
Alzheimer Forschung Initiative e.V.
Informationen für Betroffene und Angehörige
Innenwelt-Magazin zum Thema psychische Gesundheit über Alzheimer

Peter Dal-Bianco, Reinhold Schmidt, "Memories - Leben mit Alzheimer", Verlagshaus der Ärzte 2008

Gerald Gatterer, Antonia Croy, "Geistig fit ins Alter 3: neue Gedächtnisübungen", Springer Verlag 2007

Gerald Gatterer, Antonia Croy: "Leben mit Demenz: Praxisbezogener Ratgeber für Pflege und Betreuung", Verlag Springer 2005

Michael Nehls, "Die Alzheimer-Lüge: Die Wahrheit über eine vermeidbare Krankheit", Heyne Verlag 2014

Udo Baer, Gabi Schotte-Lange, "Das Herz wird nicht dement: Rat für Pflegende und Angehörige", Beltz Verlag 2014

Arno Geiger, "Der alte König in seinem Exil", Deutscher Taschenbuch Verlag 2012

"Honig im Kopf", Spielfilm, D 2014, Regie: Til Schweiger

"Liebe", Spielfilm, F/D/A 2012, Regie: Michael Haneke

"Die Auslöschung", Spielfilm, A 2013, Regie: Nikolaus Leytner

Sendereihe

• Radiodoktor - Medizin und Gesundheit