Gedanken für den Tag

von Clemens Sedmak, Theologe. "Jeder Tag hat viele Leben". Gestaltung: Alexandra Mantler

Heute ist Faschingsdienstag. Faschingsdienstag ist ein Tag, an dem man sich verkleiden kann, an dem man - ohne eine Ausrede suchen zu müssen - jemand anderer sein kann. Da kommt auch eine Sehnsucht zum Tragen, eine Rolle zu spielen, eine Maske zu tragen, jemand anderer zu sein, auszubrechen aus dem Zwang, im Alltag jemand anderer sein zu müssen.

Faschingsdienstag hat auch mit Humor zu tun. Und Humor hat eine subversive Kraft. Humor ist politisch. Humor ist politisch, weil er auf lustige Weise Gegebenes in Frage stellt, auch Machtgegebenes in Frage stellt.

Der Faschingsdienstag ist eine Zeit, wo man über sich lachen kann, gleichzeitig eine Zeit, wo ich ins Nachdenken komme: Was möchte ich eigentlich mit meinem Leben machen? Was heißt es, mich selbst ernst zu nehmen? Der amerikanische Philosoph Harry Frankfurt hat sich diese Frage gestellt. Was heißt es, mich selbst ernst zu nehmen? Auch am Faschingsdienstag. Was heißt es, aus meinem Leben etwas zu machen? Was heißt es, ein einzigartiges Leben zu führen und keine Maske zu tragen?

Es ist mir klar, dass am Ende meines Lebens mir die Maske abgenommen werden wird. Und dann stellt sich für mich jetzt schon die Frage: Wie willst Du am Ende Deines Lebens dastehen? Da stellt sich für mich die Frage: Wie will ich am Ende meines Lebens in den Spiegel schauen können?

Ich habe einmal ein Buch gelesen: "Interviews mit Hundertjährigen", Menschen, die das hundertste Lebensjahr vollendet haben. Und man hat sie gefragt: Was bleibt von deinem Leben? Was war Dir wichtig? Was hat Deinem Leben Halt gegeben? Und da kommt kein einziges Mal in diesen Gesprächen ein Konsumgut vor. Es ist sehr oft die Rede von Freundschaften, von Begegnungen, von Erlebnissen auch mit der Kultur.

Und da denke ich jetzt über mein Leben nach und blicke auf die Gewohnheiten, von denen ich weiß, dass sie sich verfestigen werden und dass sie am Ende meines Lebens meinem Leben Kontur gegeben haben werden. Ist mein Leben, so frage ich mich, enkeltauglich? Ist es vorfahrenfreundlich? Denn am Ende meines Lebens werde ich die Frucht meiner Gewohnheiten ernten und da entscheidet sich's, ob ich mich selbst ernst genommen habe.

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Georg Philipp Telemann/1681 - 1767
Titel: Konzert für Blockflöte, Streicher und B.c. in a-moll
* Allegro - 2.Satz (00:05:10)
Blockflötenkonzert
Solist/Solistin: Karl Stangenberg /Flöte, Flauto dolce
Solist/Solistin: Folkmar Längin /Viola da gamba
Orchester: Kammerorchester Merck
Leitung: Peter Lücker
Länge: 02:00 min
Label: Metropolitan 59016

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