Praxis - Das Beste zum Wiederhören

"Machísmo unter Mangobäumen" - Nicaraguas Frauen wehren sich gegen Unterdrückung. Gestaltung: Kerstin Tretina

Eine Spezialausgabe des Ö1-Religionsmagazins "Praxis" führt im Rahmen der Sommerserie "Das Beste zum Wiederhören" nach Lateinamerika.

In Nicaragua, einem der ärmsten Länder Lateinamerikas, gehört Gewalt zum Alltag der Menschen. Die meisten Frauen werden in ihrem Leben Opfer von Gewalt - physischer, psychischer und vor allem sexueller Gewalt.

Die 30-jährige Kenia kommt an einem Nachmittag ins Zentrum der Organisation "Aguas Bravas", auf Deutsch "Wilde Wasser". Frauen ab 18 Jahren wird hier Hilfe angeboten, ihre Missbrauchserfahrungen aus der Kindheit zu verarbeiten. In hellen Räumen betreuen Psychologinnen die Frauen individuell und auch in Gruppengesprächen, im grünen Innenhof hängt auch ein Boxsack - zum Abreagieren.

Kenia, die ihren Nachnamen nicht nennen möchte, ist mit neun Jahren von einem Familienmitglied missbraucht worden. In Nicaragua betrifft dies viele Frauen. Die wenigsten suchen danach Hilfe. Oft dauert es Jahre oder Jahrzehnte bis sie darüber sprechen können und wollen. So war es auch bei Kenia: "Im Jahr 2013 hatte ich eine schlimme Depression, in Folge derer ich auch versucht habe, mir das Leben zu nehmen. Erst dann habe ich entschieden, dass ich etwas verändern muss. Und so bin ich bei Aguas Bravas gelandet." In ihrer Erinnerung ähnelt der Missbrauch einem Foto oder einem kurzen Filmausschnitt, mehr weiß sie davon nicht mehr. Sie habe noch viel aufzuarbeiten, meint Kenia.

Georgina Molina Rivera arbeitet als Psychologin bei "Aguas Bravas". Sie erklärt, wie tief der Machísmo in der Gesellschaft stecke und warum es so schwierig sei, die Menschen dagegen zu sensibilisieren: "Man will es einfach nicht sehen und nicht hören, aber es ist ein offenes Geheimnis. Viele Frauen, die sexuellen Missbrauch mitbekommen, wissen nicht, was sie tun sollen. Zum einen haben sie diese Situation selbst erlebt und sagen ,Ich hab's überlebt, so wirst du es auch überleben' und zum andern ist die Armut so eklatant, dass es einfach wichtiger ist, was man morgen essen oder anziehen kann und wo man Arbeit findet. Für viele ist es ein sekundäres Problem."

Laut einer Studie hat beispielsweise in der Hauptstadt Managua ein Drittel der Frauen im Jugendalter ihre ersten sexuellen Kontakte unter Gewaltanwendung oder Nötigung erlebt. Projekte wie "Aguas Bravas" werden dringend benötigt, um einigen von ihnen wieder eine Perspektive im Leben zu geben. So wie sie die 30-jährige Kenia wiedergewonnen hat. Sie fühle sich jetzt selbstsicherer und könne offener auf Menschen zugehen, sagt sie.

Die katholische Frauenbewegung Österreichs unterstützt mehrere Projekte in Nicaragua. Sie standen dieses Jahr auch im Fokus der Aktion Familienfasttag.

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