Gedanken für den Tag

von Roman Pachernegg, Filmemacher. "Unendlich jetzt" - Reflexionen über Zeit und Gegenwart. Gestaltung: Alexandra Mantler

"Die meisten Menschen besitzen überhaupt erst im Alter von 40 oder 50 Jahren irgendeine Art von Perspektive hinsichtlich eines Tages oder eines Monats im Kontext des Lebensganzen, während nur wenige Gurus und Achtzigjährige imstande sind, die Beziehung von Augenblicken oder Lebensspannen zur Ewigkeit wahrzunehmen."
Das schreibt die Psychotherapeutin Jean Liedloff in ihrem Klassiker "Auf der Suche nach dem verlorenen Glück" (Verlag Beck). Einen Menschen kennenzulernen, der eine Beziehung zur Ewigkeit pflegte, diese besondere Erfahrung wurde mir im Rahmen der Filmarbeiten zu "Unendlich jetzt" zuteil.

Hannes Thanheiser, der österreichische Schauspieler, Musiker, Sammler war einer der wenigen Menschen, die dieser Welt etwas so grundlegend Anderes zu sagen hatten, etwas, das so heilsam und weitreichend ist, dass mich heute nur der Gedanke tröstet, dass seine geistige und menschliche Atmosphäre in allen, die ihn kannten, weiterleben wird.

Sich die Neugierde bis ins hohe Alter zu erhalten, das war sein Lebensmotto und auf den Tod angesprochen hat er mit strahlenden Augen geantwortet, dass er neugierig sei auf das, was ihn danach erwarte. Man kann sich kaum einen größeren Gegensatz zu einem um sich greifenden Zeit-Empfinden vorstellen, wo alles Erdenkliche versucht wird, um das Bewusstsein über den Tod auszuschalten, wo es kaum noch Räume gibt, um darüber zu reflektieren.

Bei Hannes Thanheiser war es die Stille, aus der er Informationen, Vertrauen und Zuversicht schöpfen konnte wie aus einem Brunnen. Tief verwurzelt in der eigenen Endlichkeit ist er schon während seines Lebens über diese hinausgewachsen und in seiner Gegenwart ist mir bewusst geworden, warum es einen Unterschied macht, wie und in welcher Form man mit seiner Lebenszeit umgeht.

Ein Mensch, der sich mit der Zeit versöhnt hat, darf wohl glücklich genannt werden - und was ist ein Mensch, der am Ende seines Lebens erkannt hat: Zeit ist der Schatten der Ewigkeit.

Service

Roman Pachernegg

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Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Johann Sebastian Bach/1685 - 1750
Album: BACH: DIE VIOLINKONZERTE
* Adagio - 2.Satz (00:04:53)
Titel: Konzert für Violine und Orchester in E-Dur BWV 1042
Violinkonzert
Solist/Solistin: Gidon Kremer /Violine
Orchester: Academy of St.Martin in the Fields
Leitung: Gidon Kremer
Länge: 02:00 min
Label: Philips 4111082

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