Logos - Theologie und Leben

"In Ehrfurcht vor dem Leben" - Zum 50. Todestag Albert Schweitzers. Gestaltung: Johannes Kaup

Vor 50 Jahren, am 4. September 1965, starb einer der bedeutendsten humanitär engagierten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts: Albert Schweitzer. Der im Elsass geborene Arzt, evangelische Theologe, Organist, Philosoph und Pazifist wurde vor allem durch seinen Einsatz im zentralafrikanischen Gabun berühmt, wo er als Missionsarzt ein Krankenhaus in Lambaréné gründete und bis zu seinem Tod ebendort leitete. Doch Schweitzer war ein vielbegabter und vielseitig interessierter Mann. Er hinterließ theologische und philosophische Schriften, Arbeiten zur Musik, insbesondere zu Johann Sebastian Bach, sowie autobiographische Aufzeichnungen.

Bis heute wirken vor allem seine ethischen Überlegungen nach, die er 1962 als Quintessenz seines philosophischen Denkens formulierte. Schweitzer geht davon aus, dass sich Menschen im Zuge ihrer Selbstreflektion wechselseitig als Geschwister erkennen, die über sich selbst und ihre Grenzen nachdenken. Die Solidarität, die ursprünglich nur auf die eigene Gruppe bezogen war, wird im Zuge des Zivilisationsprozesses nach und nach auf alle, auch unbekannte, Menschen übertragen. Diese kulturellen Entwicklungsstadien sind in den Weltreligionen und Philosophien bis heute ablesbar.

Bei seiner Suche nach einer Antwort auf die Frage, wie der Mensch dazu kommen kann, sich selbst und die Welt zu bejahen, findet er 1915 den Ausdruck "Ehrfurcht vor dem Leben". Die unmittelbarste Tatsache des menschlichen Bewusstseins lautet: "Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das Leben will." - Wer über die Welt und sich selber nachdenkt, spürt, dass Pflanzen, Tiere, Mitmenschen, genau gleich am Leben hängen wie man selber. Wer das erkannt hat, muss - so Albert Schweitzer - ihnen allen in Liebe begegnen, aus Achtung vor Gott, der jedem Wesen das Leben schenkt. Wer so tut, handle gut. Schweitzer: "Ethisch ist der Mensch nur, wenn ihm das Leben als solches, das der Pflanze und des Tieres wie das des Menschen, heilig ist und er sich dem Leben, das in Not ist, helfend hingibt. Nur die universelle Ethik des Erlebens der ins Grenzenlose erweiterten Verantwortung gegen alles, was lebt, lässt sich im Denken begründen. Die Ethik der Ehrfurcht vor dem Leben begreift also alles in sich, was als Liebe, Hingabe, Mitleiden, Mitfreude und Mitstreben bezeichnet werden kann."

Albert Schweitzer hat sich auf Bitten seiner Freunde Albert Einstein, Otto Hahn und Werner Heisenberg mehrfach und lautstark gegen die atomare Aufrüstung und die Atomwaffentests während des Kalten Kriegs gewandt. Damals geriet er auch ins Visier der CIA, die ihn "kommunistischer Umtriebe" verdächtigte. 1957 verlas er über den Sender Radio Oslo einen "Appell an die Menschheit". Sein Friedensaufruf wurde von 140 Radiostationen weltweit übernommen und erfuhr dadurch weltweite Resonanz. 1953 wurde ihm in Oslo der Friedensnobelpreis für das Jahr 1952 zuerkannt.

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