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Diäten und Nahrungsergänzungsmittel gegen Übersäuerung- Pure Geschäftemacherei oder einfach gesund leben?


Müde, ständig erschöpft, häufig Kopfschmerzen? Stress haben Sie auch noch und Sie rauchen und trinken Kaffee in rauen Mengen? Dann ist alles klar. Sie sind sicher hoffnungslos übersäuert! Beschwerden aller Art werden immer stärker mit einem Ungleichgewicht des Säure-Basen-Haushalts in Verbindung gebracht. Einer der Gründe dafür: Ganze Industriezweige leben nicht schlecht von dem Geschäft mit basischen Nahrungsergänzungsmitteln. Aber auch viele ErnährungsberaterInnen und Mediziner mit Komplementärausbildungen sehen einen Zusammenhang zwischen Krankheiten und der um sich greifenden "chronischen Übersäuerung". Wir alle würden viel zu viele säurebildende Lebensmittel wie Weißmehl, Zucker, Kaffee oder Fleisch zu uns nehmen.
Aber kann der regelmäßige Verzehr dieser Nahrungsmittel den Körper tatsächlich "sauer" werden lassen? Hand auf's Herz: Wissen Sie ungefähr, was der pH-Wert ist? Welche Bedeutung er für den Körper hat und ob das Säure-Basen-Verhältnis im Blut oder in anderen Körperflüssigkeiten über die Ernährung wirklich zu beeinflussen ist?
Zu den Fakten: Der optimale pH-Wert des Blutes liegt bei Säugetieren im Schnitt bei 7,4. Dieser Umstand hat lebenswichtige Auswirkungen: Denn das für die Sauerstoffbindung im Blut verantwortliche Hämoglobin transportiert seine wertvolle Fracht nur bei einem optimalen pH-Wert in ausreichender Menge. Unser Körper ist so konstruiert, dass alle biochemischen Reaktionen an einen entsprechenden pH-Bereich gebunden sind.
Selbst bei der menschlichen Fortpflanzung ist der pH-Wert entscheidend. Das Scheidenmilieu ist sauer, um Keime abzutöten, das Ejakulat hingegen ist ziemlich basisch. Die Mischung beider Flüssigkeiten führt zu exakt jenem pH-Wert, bei dem die Spermien am fittesten sind. Schon geringfügige Abweichungen des Blut-pH-Werts können zu massiven Störungen führen: Schwankt der durchschnittliche Wert von 7,4 um nur 0,05 Prozent, funktionieren Atmung und Stoffwechsel nicht mehr reibungslos. Es gibt nur wenige Parameter, die der Körper so streng kontrolliert. Die Toleranz ist z.B. bei Änderungen der Körpertemperatur wesentlich größer - Schwankungen von weit über zehn Prozent kann der Körper ohne Folgeschäden überstehen.
Wie kann es also sein, dass Nahrungsmittel, Umweltgifte und Stress den Säure-Basen-Haushalt unserer Körpersäfte derart aus dem Gleichgewicht bringen?
Carola Timmel geht der Frage nach.

Redaktion: Christoph Leprich und Nora Kirchschlager

Service

Ao Univ.-Prof. Dr. Ivo Volf, MedUni Wien, Institut für Physiologie
Ao Univ.-Prof. Dr. Cem Ekmekcioglu, Physiologe, Ernährungsexperte, Institut für Umwelthygiene, Abt. Umwelt- und Ernährungsphysiologie
Dr. med. univ. Sonja Schwinger, Praxis für ganzheitliche Medizin und Naturheilverfahren

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Wolfgang Marktl, Bettina Reiter, Cem Ekmekcioglu (Hrsg.), "Säuren - Basen - Schlacken: Pro und Contra - eine wissenschaftliche Diskussion", Verlag Springer 2007

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