Zwischenruf

von Pfarrer Marco Uschmann (Wien)

Internet: Meine Daten, Deine Daten?

Nun ist also in Gesetz gegossen, was wir alle schon wussten: Die USA gelten nicht mehr als sichere Aufbewahrungsstelle für unsere digitalen Daten. Der europäische Gerichtshof hat vergangenen Dienstag der Klage von Max Schrems stattgegeben, Der Österreicher hat seit Jahren einen Prozess geführt gegen Facebook, weil er seine Daten zu Recht, wie wir jetzt wissen, bei Facebook mangelhaft geschützt sah. Konkret geht es darum, dass die Datenschutzrichtlinien in Europa und besonders in Österreich erheblich strenger sind als in den USA beispielsweise. Dieses Urteil des Europäischen Gerichtshofs ist einerseits sicherlich ein Meilenstein. Andererseits wird sich für User von Sozialen Medien zunächst gar nichts ändern. Betroffen ist in erster Linie die Wirtschaft: Etliche Unternehmen müssen ihre Daten jetzt den europäischen Richtlinien anpassen und dürfen sie eben nicht mehr in dem unsichereren Hafen USA speichern.

Die weiteren Auswirkungen dieses Urteils können meiner Meinung nach noch gar nicht in der ganzen Breite eingeschätzt werden. Zunächst einmal wird auf ein Neues über Datenschutz, persönliche Daten und den Umgang mit ihnen verhandelt werden. Dies hat eine sehr persönliche Ebene, führt es doch hoffentlich möglichst vielen vor Augen, dass persönliche Daten harte Währung sind. Mit ihnen werden Geschäfte gemacht. Ein Blick auf die Zugriffe, die so manche App auf dem Smartphone begehrt, spricht da Bände: alle Adressen, die ich gespeichert habe, meine Fotos, Videos oder eben auch meinen Standort. Diese Daten werden zu barer Münze in heutigen Zeiten.

Eine weitere Dimension sind die Geheimdienste. Über deren Sinn und Zweck will ich an dieser Stelle nicht nachdenken. Aber einmal mehr wird den Menschen jetzt verdeutlicht, dass Geheimdienste rund um den Globus Interesse haben an diesen Daten und diese Interessen professionell verfolgen. Daher muss unbedingt an einer Medien- und Internet-Ethik gearbeitet werden. Es gehört klar und deutlich gesagt und aufgeschrieben, was wem erlaubt ist und was nicht gestattet ist. Denn das Internet hat ja nicht nur die Bildung und den Zugang zu Informationen radikal verändert. Das Internet bietet auch einen nahezu uneingeschränkten Zugang zu Macht über Menschen: Wenn ich weiß, wann jemand wo ist oder was jemand wann und wo einkauft, und dies verschränke mit den Daten, die ich von der Kreditkarte etwa habe, kann ich sehr viele Informationen gewinnen. Nicht umsonst befinden wir uns im Informationszeitalter.

Informationen sind wertvoll heutzutage. So hat die Internetethik neben den technischen Aspekten - was eigentlich ist das Internet? - immer auch höchst persönliche Dimensionen. Denn das Internet hat zumindest jetzt noch kein Eigenleben. Das Internet ist eine technische Errungenschaft der Menschen und wird von Menschen mittels Maschinen, also Computern, betrieben. So ist bei einer Internetethik zuerst der Schutz der Persönlichkeit und damit einhergehend der Menschenwürde zu nennen. Denn die technische Entwicklung hat eine dienende Funktion: Im Blickpunkt stehen der Nutzen und das Wohl für die Menschen.

Es ist auf den ersten Blick ein weiter Sprung hin zu dem, was die Bibel die Nächstenliebe und die Zuwendung Gottes zu den Menschen nennt. Dieser Komplex stellt den Menschen mit seinen Bedürfnissen, mit seiner Angst und mit seiner Würde in den Mittelpunkt. Neben Gott, als Mittelpunkt der Bibel, der immer die Nähe und gute Beziehung zum Menschen sucht und nach seinem Wohlergehen strebt. Zurück in die Gegenwart und auch in die Zukunft: Dies alles muss eine Ethik des Internet berücksichtigen. Dazu kommt das Gewinnstreben der Sozialen Netzwerke: Max Schrems kann zumindest einen Teilerfolg verbuchen. Es darf nicht alles gemacht werden, was geht, sei es aus Gewinnstreben oder aus Informationshunger. Das ist zunächst einmal nichts Neues. Es ist auch nichts Neues, dass das Internet und seine großen Spieler darin ein gefährliches Spiel spielen und dazu neigen, ungehemmt weiter Daten zu sammeln. Neu ist allerdings, dass sich Europa hier gegen die USA stemmt. Freilich sprechen die europäischen Länder auch hier längst noch nicht mit einer Stimme, aber der erste Schritt ist mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs getan.

Noch neuer wäre es, immer wieder auch auf die Würde der Menschen in der virtuellen Wirklichkeit hinzuweisen. In ihr bewegen sich mehr und mehr Menschen, umso mehr müssen Regeln zum Schutz der Menschen formuliert werden. Eine hervorragende Richtschnur kann dabei die Bibel sein. Aber das ist ja nichts Neues. Für unseren Umgang mit dem Internet aber schon.

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