Europa-Journal

1. Türkei nach der Wahl - wohin geht das Land?
2. Kroatien vor der Wahl - wieder auf dem Weg nach rechts?
3. Das Zusammenleben bleibt schwierig - Vukovar, ethnisch separiert
4. EU: Gewerkschaftsbund für ein offenes Europa

Moderation: Agathe Zupan


Türkei nach der Wahl - wohin geht das Land?

Ganz viel Macht, aber doch nicht genug, um alleine die Verfassung zu ändern - die Wahl in der Türkei vom vergangenen Sonntag hat der national-konservativen AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan wieder die absolute Mehrheit an Parlamentssitzen gebracht, aber auch den Wählerauftrag, sorgsam mit dieser Macht umzugehen. Die angestrebte Zweidrittelmehrheit gab es nicht, und so muss sich Erdogan etwas einfallen lassen, um in der Türkei ein Präsidialsystem einzuführen - unumschränkte Macht für den Staatspräsidenten ist ja Erdogans größter politischer Wunsch. Auf Kritik aus Europa - zum Beispiel an der Menschenrechtslage in der Türkei - muss Erdogan keine Rücksicht nehmen; die Veröffentlichung des diesbezüglichen Berichtes wurde seitens der Europäischen Union neuerlich verschoben. Zu wichtig ist die Türkei, wenn es um die Frage geht, wie die hunderttausenden Flüchtlinge aus Syrien auf dem Weg nach Europa aufzuhalten wären. Ein Gespräch mit unserem Türkei-Korrespondenten Jörg Winter


Kroatien vor der Wahl - wieder auf dem Weg nach rechts?

In Kroatien wird am Sonntag das Parlament neu gewählt. Umfragen sagen ein äußerst knappes Rennen zwischen dem regierenden Mitte-Links-Bündnis und der national-konservativen Koalition voraus. Im Vergleich zum Jahresbeginn ist der Vorsprung der Opposition stetig geschrumpft und liegt nun unter einem Prozentpunkt. Beide Bündnisse können demnach mit 30 bis 35 Prozent der Stimmen rechnen. Im Parlament mit seinen 151 Abgeordneten wird jeder Block einen Koalitionspartner brauchen. Gekämpft wird daher um die relative Mehrheit als bessere Ausgangsposition für Verhandlungen über die Regierungsbildung. Die große Unbekannte sind die vielen Kleinparteien, die zum ersten Mal zur Wahl antreten. Die meisten dieser Gruppen haben keine klare Präferenz für einen Koalitionspartner erkennen lassen. Fraglich ist, wie viele der Kleinparteien die Fünf-Prozent-Hürde für den Einzug ins Parlament überspringen werden. Diese Marke gilt für jeden der zehn Wahlkreise in Kroatien, in denen jeweils 14 Sitze vergeben werden. Hinzu kommen noch acht Abgeordnete für die nationalen Minderheiten und drei Mandate für die kroatische Diaspora. Viele Bewerber um wenige Mandate führen zu einem eher untergriffigen Wahlkampf, den unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz beobachtet.


Das Zusammenleben bleibt schwierig - Vukovar, ethnisch separiert

Wie groß die Wunden noch sind, die der Jugoslawienkrieg Anfang der 1990er Jahre Kroatien geschlagen hat, lässt sich besonders deutlich in der Stadt Vukovar beobachten. Sie wurde im November 1991 von der damaligen jugoslawischen Volksarmee fast völlig zerstört, nach drei Monaten Belagerung. Viele tausend Bewohner Vukovars kamen während dieser Belagerung ums Leben, hunderte wurden nach dem Fall der Stadt von Soldaten erschossen. Heute leben in Vukovar Kroaten und Serben, wie auch schon vor dem Krieg, aber ein Miteinander ist nicht mehr entstanden, und politisch setzen alle vor der Wahl am Sonntag auf die nationalistische Karte, berichtet Christoph Wüthrich


EU: Gewerkschaftsbund für ein offenes Europa

Er ist studierter Philosoph, sein Hobby ist die Dichtkunst und er hat bereits mehrere Gedichtbände veröffentlicht. Seit Anfang Oktober ist der 46-jährige Italiener Luca Visentini neuer Generalsekretär des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB). Er engagiert sich seit mehr als 25 Jahren in der Gewerkschaftsbewegung. Ziel seiner Amtszeit ist es, den krisengeschüttelten Gewerkschaften in der EU wieder mehr Gewicht zu verschaffen. Diese Woche war Luca Visentini bei einem europäischen Gewerkschaftstreffen zu Gast in Wien. Mit Ulla Ebner hat er über Europas falsche Wege zur Krisenbewältigung gesprochen, über unfairen Konkurrenzkampf zwischen EU-Staaten und darüber, wie die Flüchtlingskrise eine Chance für Europa werden könnte.

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