Betrifft: Geschichte
Wenn zwei sich zusammentun. "Liebe auf den zweiten Blick". Mit Bernhard Rathmayr, Univ.-Prof. em. für Erziehungswissenschaften, Universität Innsbruck.
Gestaltung: Bernhard Schneider
16. Dezember 2015, 17:55
Man denke nur an die Heiratspolitik der Habsburger! Und auch sonst kannten die künftigen Eheleute oft nur ein Porträt des vorbestimmten Partners. Das ist bis heute noch in großen Teilen der Welt nicht viel anders. Ganz allgemein stand der Nutzen von Ehen lange Zeit im Vordergrund. Man heiratete auch zumeist sozusagen "unter sich" - ganz zwangsläufig, anders wäre es gar nicht statthaft gewesen.
Noch im 18. Jahrhundert konnten viele Gesellen erst Meister werden, wenn sie eine verwitwete Meisterin ehelichten. Vielerorts und lange waren von Bürgern (sozial) abwärts eheliche Verbindungen an obrigkeitliche oder herrschaftliche Genehmigungen gebunden (auch Franz Schuberts Ehewünsche sollen daran gescheitert sein). Selbst mit der elterlichen Kindesliebe war es nach unseren heutigen Vorstellungen nicht weit her. Zumeist waren Kinder in erster Linie billige Arbeitskräfte, die darüber hinaus den Erhalt der Familie (auch in zeitlicher Linie!) und des Besitzes sichern mussten. Nicht zu reden davon, dass Prinzen und Prinzessinnen ihre Eltern kaum zu Gesicht bekamen.
Trotzdem und vielleicht gerade deswegen bestimmte Liebe als Erotik und Sexualität den Alltag mehr, als man sich unter diesen Bedingungen vorstellen mag. Davon zeugen u.a. die literarischen Monumente von Boccaccios "Decamarone" über derbe Schwänke bis zu Rablais' "Gargantua und Pantagruel". Allein schon die kirchlichen Verbote des Mittelalters lassen darauf schließen, dass die libidinösen Praktiken alles andere als zimperlich waren.
Aber natürlich gibt es auch Gegenbeispiele: die verbotene Liebe zwischen Abelard und Heloise etwa. Nur: Die freie Wahl der Partner/innen, freie Liebe oder gar gleichgeschlechtliche Partner/innen, das ist eine Entwicklung, die erst im 20. Jahrhundert beginnt und bis heute eigentlich noch nicht abgeschlossen ist - selbst in Mitteleuropa.
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