Gedanken für den Tag

7. März 2016, 06:56

Eine Aufnahmeprüfung. Die Mutter möchte wissen, wie sie ausgegangen ist, und der Sohn muss ihr sagen: Nein, er hat nicht bestanden. Schon wieder nicht.

Vielleicht, sagt die Mutter, bist du dafür einfach nicht geschaffen. Sie ist ihm nicht böse, aber er spürt ihre Traurigkeit. In diesem Moment beschließt er, es noch einmal zu versuchen. Um allen zu zeigen, dass er sehr wohl dafür geschaffen ist.

Er tritt zum dritten Mal an, und diesmal gelingt es. Der Rest ist Filmgeschichte. Krzysztof Kieslowski - so heißt der junge Mann - studiert an der Filmschule von Lodz Regie und wird einer der ganz Großen des europäischen Films - weit über sein Heimatland Polen hinaus bekannt als Regisseur des Zehnteilers "Dekalog", der metaphysischen Reflexion über "die zwei Leben der Veronika" oder, als Abschluss seines umfangreichen Oevres, der Drei-Farben-Trilogie über Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit.

Journalistenfrage: Warum sind sie eigentlich Filmregisseur geworden? Kieslowskis lakonische Antwort: "Weil ich sonst nichts konnte". Dann schildert er sein Berufsleben ohne Romantik, beklagt die schwere Arbeit, das frühe Aufstehen, die langen Wartezeiten beim Drehen. Oft sei er unzufrieden und müsse seine Ungeduld zügeln. Resignation ist da herauszuhören, Müdigkeit von einem, der unermüdlich war in seiner Arbeit.

Zum Glück gibt es auch die andere Seite. Vier junge Schauspielerinnen sprechen vor, sie improvisieren. Der Regisseur schaut ihnen zu. Sie tragen ihr Alltagsgewand, ihre Requisiten und ihre Dialogpartner sind nur gedacht. Kieslowski schildert: "Sie spielen so schön, dass alles wahr wird. Einmal lächeln sie, dann wieder sind sie besorgt, und ich verstehe in diesem Moment, wofür das alles gut ist."

In Momenten leuchtet Wahrheit auf. Dafür lohnt sich alle Mühe.

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Sendereihe

• Gedanken für den Tag

Gestaltung

• Alexandra Mantler