Tonspuren

Die adelige Anwältin der Armen. Porträt zum 100. Todestag der Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach. Von Eva Schobel

"Eine gescheite Frau hat Millionen geborener Feinde: - alle dummen Männer," sagte Marie von Ebner-Eschenbach und wusste, wovon sie sprach. Die 1830 auf Schloss Zdislawitz in Mähren als Marie Dubský geborene Tochter eines Barons und einer Baronesse, hatte von Kind an Literatur im Sinn. Mit 18 Jahren heiratete sie ihren um 15 Jahre älteren Cousin Moritz von Ebner-Eschenbach, der nichts gegen ihre literarischen Ambitionen hatte, solange sie für die Schublade schrieb. Aber seine unkonventionelle Gattin wollte "der Shakespeare des 19. Jahrhunderts" werden. Ein Vorhaben, mit dem sie spektakulär scheiterte und ihre adelige Familie in Bedrängnis brachte. Erst mit 50 Jahren gelang ihr mit sozialkritischen Erzählungen der Durchbruch. Empathische, aber gleichzeitig unsentimentale Geschichten, jenseits von gefühliger Frauenliteratur. Eschenbachs Helden sind u.a. eine Magd, ein aus der Gesellschaft ausgestoßenes Waisenkind oder auch ein an seiner Treue zwischen zwei Herren verzweifelnder Hund.
Mit 60 ist die Zeitgenossin von Arthur Schnitzler und Theodor Fontane die bekannteste Schriftstellerin des gesamten deutschsprachigen Raums. Mit 70 wird sie für den Nobelpreis nominiert.

Gegen Ende ihres Lebens hat sie sich selbst zur gütigen Mutter stilisiert. Und obwohl ihre berühmte Hunde-Novelle "Krambambuli" oder ihre große Erzählung "Das Gemeindekind" noch heute zur Schullektüre gehören, gilt sie als altmodische Autorin. Zu Unrecht, findet ihre Biographin und Mitherausgeberin einer neuen Leseausgabe, Daniela Strigl. Es sei endlich an der Zeit, den Staubwedel in die Hand zu nehmen.

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  • Eva Schobel