Radiokolleg - Konstruktiver Journalismus

Auf der Suche nach der ganzen Wahrheit (2).
Gestaltung: Sonja Bettel

"Warum berichten Sie immer nur über negative Dinge?!", fragen uns manchmal die Ö1 Hörerinnen und Hörer. Über Kriege, Morde, Klimawandel, Ressourcenknappheit, Korruption und Misswirtschaft zu hören, sei deprimierend und lähmend, lautet meist die Kritik. Tatsächlich kommen in allen Medien, egal ob Hörfunk, Fernsehen, Print oder Online, vor allem in den Nachrichtensendungen sehr oft negative Ereignisse und Entwicklungen vor, weil es Aufgabe des Journalismus ist, über das Besondere zu berichten und über Missstände aufzuklären. In Ergänzung zu den drei Gewalten Legislative, Exekutive und Judikative versteht sich der Journalismus ja oft auch als "Vierte Gewalt".

Doch im Zuge der Verbreiterung der Medien durch Online- und Mobile-Angebote, im Zuge des Ringens um Marktpositionen und Inseratenaufträge, und im Zuge eines Wandels in der Eigentümerschaft von Medienunternehmen haben vielfach das Böse, das Schrille und Extreme mehr Raum und Zeit bekommen. So manchem Medium geht es nicht mehr darum, negative Entwicklungen aufzuzeigen, sondern sich auf das Negative zu konzentrieren und es aus komplexen Vorgängen herauszuschälen.

Die Gegenbewegung lautet: Konstruktiver Journalismus. Der konstruktive statt destruktive Umgang mit Themen sei notwendig, um den Journalismus zu verbessern, denn Negativität zerstöre die Medien, meint Ulrik Haagerup, Nachrichtenchef des dänischen Rundfunks. Argumente und Anleitungen dafür hat er 2014 in seinem Buch "Constructive News" formuliert. Konstruktiver Journalismus bedeutet aber nicht, dass Medien nur mehr über positive Dinge berichten oder die Welt mit der rosa Brille anschauen. Er bedeutet vielmehr, die ganze Wirklichkeit abzubilden, und die ist zumeist nicht nur schwarz. Dass man die andere Seite selbst in Regionen finden kann, in denen seit Jahren Krieg herrscht, hat das Projekt "Peace Counts" gezeigt. Eine Gruppe von Journalistinnen und Journalisten hat dafür in Kriegsgebieten in aller Welt nach Menschen gesucht, die sich für den Frieden einsetzen.

Service

Christian Sauer
fjum
Ulrik Haagerup
Michael Gleich
Peace Counts
De Correspondent
Karel Smouter
Good Impact
enorm
Perspective Daily
VICESSE, Reinhard Kreissl
Mutmacherei, Ira Mollay
N21
Facebook-Gruppe Konstruktiver Journalismus
Zusammenfassung "Raus aus dem Bad News Blues"
Solutions Journalism Network
Solutions Journalism Network bei Facebook
American Story, Bob Dotson
Constructive Journalism Project
European Newspaper Congress

Literatur:

Ulrik Haagerup: Constructive News: Warum "bad news" die Medien zerstören und wie Journalisten mit einem völlig neuen Ansatz wieder Menschen berühren
Verlag Johann Oberauer 2015

Petra Gerster, Michael Gleich: Die Friedensmacher. Carl Hanser Verlag 2005

Wendy M. Johnston and Graham C. L. Davey: The psychological impact of negative TV news bulletins: The catastrophizing of personal worries.
British Journal of Psychology, Volume 88, Issue 1, pages 85-91, February 1997
Link

Michael Gleich: Konstruktiver Journalismus.
Reihe Journalisten-Werkstatt. Verlag Johann Oberauer. (erscheint im Mai 2016)

Podcast:

Why solutions journalism can help news organisations improve their reporting
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Gestaltung

  • Sonja Bettel