Die Hörspiel-Galerie

"Die Juden". Von Gotthold Ephraim Lessing. In diesem Stück thematisiert Lessing Antisemitismus, Toleranz und Humanität. Das "ernste Lustspiel", geschrieben 1749, gilt als Vorstufe und komisches Gegenstück zu "Nathan, der Weise". (ORF/NDR 2016)

Neu und kühn ist, wie Lessing seine Hauptfigur zeichnet. Zum ersten Mal in der Geschichte des Theaters betritt die Figur eines positiv gezeichneten Juden die Bretter des Welttheaters.

"Ich bin ein Jude" - dieser lapidare Satz, den der fremde Held der Geschichte, der Reisende, gegen Ende sagt, kippt das vorgeblich lustig-feine Spiel um Identitäten, das Lessing mit gerade einmal 20 Jahren geschrieben hat, in die bittere Realität unserer eigenen Geschichte. "Ein Jude? Grausamer Zufall!" sagt der Baron und es wird klar, dass er seine Tochter einem Juden nicht zur Frau geben kann. Und Christoph, der Bedienstete des Reisenden, wirft diesem vor: "Sie sind ein Jude, und haben das Herz gehabt, einen ehrlichen Christen in ihre Dienste zu nehmen? Sie hätten mir dienen sollen. So wäre es nach der Bibel recht gewesen!"

Lessings Stück erzählt auch eine bittere Wahrheit: Je stärker unter den Prämissen der Aufklärung die Einheit der Unterscheidung von "jüdisch" und "nicht-jüdisch" im "Menschlichen" betont und die Differenz der Religionen marginalisiert wird, desto öfter sind Versuche zu beobachten, diese Einheit wieder zum Verschwinden zu bringen und das vermeintlich "Jüdische" sichtbar zu machen.

Mit Michael Maertens, Peter Matic, Cornelius Obonya u.a., Musik: Peter Kaizar, Regie: Leonhard Koppelmann (ORF/NDR 2016).

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