Orthodoxer Jude, lesend

Associated Press

Gedanken für den Tag

von Anita Pollak, Journalistin. "Ein Land steht still" - Jom Kippur in Israel. Gestaltung: Alexandra Mantler

Wer sich heute als Tourist in Israel aufhält, wird gewarnt. Von 17.50 Uhr an gibt es in den Hotels nichts zu essen und nichts zu trinken. Lokale und Geschäfte werden geschlossen bleiben. 25 Stunden lang.

Ein Countdown erfasst das ganze Land. Denn mit Sonnenuntergang beginnt der allerhöchste und heiligste jüdische Feiertag. Jom Kippur. Der Tag der Sühne, der Versöhnungstag, wie er auch genannt wird, ist ein Tag des Verzichts. "Am zehnten Tag des siebenten Monats sollt ihr fasten und keine Arbeit tun. Weder ein Einheimischer noch ein Fremdling unter Euch", heißt es im 3. Buch Moses.

Also auch der Fremdling, der Tourist, ist nolens volens eingebunden ins Gesetz des Heiligen Landes, das aber kein staatliches Gesetz ist. Und dennoch, an diesem einen Tag scheint es einen nationalen Konsens zu geben, diesen Tag zu achten und die zu achten, die ihn achten. Und das führt zu einem spirituellen, fast existentiellen Erlebnis und einer Stimmung, der sich vor Ort kaum jemand entziehen kann.

Bevor das Land im wahrsten Wortsinn zum Stillstand kommt, jegliche Aktivität des Alltags endet, herrscht natürlich Hektik. Am späten Nachmittag versammeln sich die Familien daheim zur letzten Mahlzeit vor dem Fasten, in den Hotels gibt es üppige Buffets. Sogar am sonst so lebhaften Strand von Tel Aviv wird es ruhig. Die Life-Guards verabschieden sich, die Liegestühle leeren sich. Immer weniger Fahrzeuge sind zu sehen, bis schließlich alles ganz still ist.

Weiß gekleidet strömen Menschen von allen Seiten zum Abendgottesdienst. Kol Nidrei, alle Gelübde, heißt das Haupt-Gebet, das den Versöhnungstag einleitet. Wenn man danach auf die Straße tritt, ist es schon dunkel und absolut ruhig. Der Lärm der Großstadt verstummt. Nur die Klimaanlagen hört man noch. Die Tore der erleuchteten Synagogen werden die ganze Nacht geöffnet bleiben.

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Sergej Prokofieff/1891 - 1953
Album: HEBREW MELODIES - JÜDISCHE MUSIK DES 20.JAHRHUNDERTS
Titel: Ouvertüre über Hebräische Themen op.19
Titel: Jüdische Ouvertüre
Solist/Solistin: Valentin Zhuk /Violine
Solist/Solistin: Celeste Zewald /Klarinette
Orchester: Camerata Amsterdam
Leitung: Jeroen Weierink
Länge: 02:00 min
Label: Ars 38447

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