Wolfgang Ambros

APA/Herbert Oczeret

Radiokolleg - Lexikon der österreichischen Popmusik

Ambros, Bambis, Gustav, Qualtinger
(3). Gestaltung: Walter Gröbchen und Thomas Mießgang

2017 startet das Radiokolleg eine Langzeit-Serie zur Geschichte der österreichischen Popmusik. Von "Ambros bis Qualtinger" von "Danzer bis Wanda" wird das Leben und Werk einzelner Musiker/innen und Bands dokumentiert und ihre Bedeutung für die österreichische Musiklandschaft reflektiert.

Nach Ausstrahlung im Radiokolleg werden die einzelnen Beiträge im Ö1 Archiv nachhaltig als "offene Bildungsressource" zugänglich sein. Über die Zeit entsteht ein akustisches Lexikon der österreichischen Popmusik.

Den Anfang macht Wolfgang Ambros, der Erfinder und Großmeister des klassischen Austropop der 1970er Jahre. Das Lied "Da Hofa", das Ambros gemeinsam mit Joesi Prokopetz geschrieben hatte, wurde out of the blue zu einem Sensationserfolg und definierte einen österreichischen Popsound, der aus literarischen Traditionen wie dem jüdischen Kabarett der Zwischenkriegszeit und der dekonstruktiven (Dialekt) Poesie der Wiener Gruppe schöpfte und diese in das Idiom der postpsychedelischen Epoche übersetzte. Die großen Songzyklen von Wolfgang Ambros, von "Es lebe der Zentralfriedhof" bis zu seinen Bob Dylan-Übersetzungen unter dem Titel "Wie im Schlaf" sind bis heute Eckpfeiler einer österreichischen Pop-Sensibilität.

Einige Jahre zuvor hatte die Gruppe Mandy und die Bambis Furore gemacht: Ihre Sehnsuchts-Elegie "Melancholie" verdrängte 1964 sogar die Beatles von der Spitze der österreichischen Hitparade. Die Bambis verstanden sich als schlagernahe Tanzcombo - doch sie hatten eine Strahlkraft, die weit über ihr angestammtes Milieu hinauswirkte. Obwohl ihnen im Verlauf ihrer Karriere, die sich vor allem in den Sixties entfaltete, nur eine Handvoll Hits gelangen, gelten sie heute auch in den Milieus der Pop-Intellektuellen als Repräsentanten eines emotional aufgeladenen Zwielicht-Klanges, der eher an die düsteren Nokturnalien von Angelo Badalamenti erinnert als an Peter Alexander. Die Sängerin Eva Jantschitsch, die unter dem Projektnamen Gustav in den Nullerjahren bekannt wurde, ist eine der ersten Vertreterinnen eines weiblichen Autoren-Pop. Sie wirft einen neuen Blick auf alte Konfliktgeschichten und schafft mit elektronischer Unterstützung eine unsentimentale Alltagspoesie, die die menschelnden Klischees der Altvorderen mit Witz und Lakonik aushebelt: "Rettet die Wale und stürzt das System."

Der Urvater des österreichischen Pop aber ist ein Mann, der sich vor allem als Herr Karl ins kollektive Bewusstsein Österreichs eingeschrieben hat: Helmut Qualtinger.

Seine rockenden und rollenden Kabarettnummern aus den 1950er Jahren, vom "G'schupften Ferdl" bis zum "Bundesbahn-Blues" persiflierten "Halbstarken-Klänge" zu einem Zeitpunkt, als die Jugendkultur noch gar nicht etabliert war. So ergab sich in Österreich die paradoxe Situation, dass die Farce vor der Geschichte stattfand - was zur Folge hatte, dass Sprachwitz und ironische Selbstbefragung bis zum heutigen Tag Konstanten des heimischen Popschaffens geblieben sind.

Service

Walter Gröbchen, Thomas Mießgang u.a.: WIENPOP. Fünf Jahrzehnte Musikgeschichte erzählt von 130 Protagonisten, Falter Verlag 2013
Heinrich Deisl: Im Puls der Nacht. Sub- und Populärkultur in Wien 1955-1976, Turia und Kant Verlag
Walter Gröbchen (Hrsg.): Heimspiel. Eine Chronik des Austro-Pop, Hannibal 1995
Quasi ein Genie. Helmut Qualtinger (1928-1986). Farb- und Schwarzweißabbildungen, Deuticke Verlag 2003

Sendereihe

Gestaltung

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  • Thomas Mießgang