Gedanken für den Tag

von Peter Zeillinger, katholischer Theologe und Philosoph. "Die Zukunft beginnt jetzt". Gestaltung: Alexandra Mantler

Wer hat eigentlich das Asyl erfunden?

Aus gegebenem Anlass habe ich mich einmal gefragt, wer eigentlich das Asyl erfunden hat. Irgendwie hat es keinen Sinn sich vorzustellen, dass ein Gesetzgeber oder eine Kultur das Phänomen des Asyls, also des Zufluchtsuchens an einem bestimmten Ort einmal erfunden hätte - und dass es davor diese Praxis nicht gegeben hätte. Wenn das Phänomen des Asyls demnach älter wäre als unsere tradierten Rechtsvorstellungen - worum geht es dann dabei genau?

In der frühgriechischen Kultur, noch vor der Ausbildung reflektierter rechtlicher Vorstellungen, gab es die Praxis, an einem Tempel und dort insbesondere am Altar, der dem häuslichen Herd vergleichbar war, Schutz zu suchen. Wer auf diesem Weg bei den Göttern Schutz fand, durfte von dort nicht weggerissen werden. "Nicht-wegreißen", das ist auch die wörtliche Übersetzung des griechischen Wortes asylon. Die Frage ist lediglich, warum diese Praxis eigentlich funktioniert hat. Wieso haben sich Menschen davon abhalten lassen, die Verfolgung eines anderen auch an einem Tempel fortzusetzen? Niemals ist doch jemand von einem Gott bestraft worden, wenn er es dennoch getan hat.

Um dieses Asylphänomen zu verstehen, muss man zunächst verstehen, wofür die Götter in den frühen Kulturen gestanden sind. Sie waren der Inbegriff des jeweiligen kulturellen Weltbildes, die Garanten der herrschenden Ordnung und standen daher auch für den Zusammenhalt der Gesellschaft. Wer an die Götter appellierte, etwa bei einem Eidversprechen oder eben im Fall der Asylflucht, der berief sich nicht auf äußere Prinzipien, sondern auf das, was die jeweilige Gesellschaft zusammenhielt. Es handelte sich also um eine Berufung auf die Grundlagen der Kultur vor Ort - und gegen deren Umsetzung in der Praxis. Das Faktum der Asylflucht hielt der jeweiligen Gesellschaft den Spiegel vor, wo genau die Differenz zwischen ihren Idealen und ihrem politischen Handeln gelegen war.

Das ist auch eine Form zu sagen: Was eine Gemeinschaft oder Kultur einmal im Rückblick gewesen sein wird, entscheidet sich an ihrem Handeln hier und jetzt.

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Titel: GFT 170107 Gedanken für den Tag / Peter Zeillinger
Länge: 03:49 min

Komponist/Komponistin: George Gershwin/1898 - 1937
Bearbeiter/Bearbeiterin: Hans Peter Schildknecht
Album: THE SLOKAR TROMBONES - POSAUNENMUSIK
Titel: Summertime/instr. / aus der Oper "Porgy and Bess"
Orchester: The Slokar Trombones
Ausführender/Ausführende: Branimir Slokar /Soloposaune
Ausführender/Ausführende: Pia Bucher /Posaune
Ausführender/Ausführende: Marc Reift /Posaune
Ausführender/Ausführende: Hans Peter Schildknecht /Posaune
Ausführender/Ausführende: Hanspeter Zehnder /Posaune
Ausführender/Ausführende: Rudolf Gröbl /Tuba
Ausführender/Ausführende: Silvano Bazan /Klavier
Ausführender/Ausführende: Ira Kriss /Gitarre
Ausführender/Ausführende: Rolf Aberer /Baß
Ausführender/Ausführende: Billy Brooks /Schlagzeug
Länge: 02:00 min
Label: Claves CD 50711

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