JULIA WESELY
Aus dem Konzertsaal
ORF Radio-Symphonieorchester Wien, Dirigent: Cornelius Meister; Fazil Say, Klavier. Ludwig van Beethoven: Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3 c-Moll op. 37 * Dmitri Schostakowitsch: Symphonie Nr. 4 c-Moll op. 43 (aufgenommen am 19. Jänner im Großen Konzerthaussaal in Wien in Dolby Digital 5.1 Surround Sound). Präsentation: Gerhard Hafner
20. Jänner 2017, 19:30
Schostakowitsch schrieb seine Vierte Symphonie nach den finsteren Vorwürfen, mit denen die "Prawda" im Januar 1935 seine Oper "Lady Macbeth von Mzensk" von den Spielplänen gefegt hatte. Ein künstlerisches Credo gegen die Unterdrücker sollte das Werk sein, seine Tonsprache: persönlich, leidenschaftlich, scharf. Doch schon während der Proben mit den Leningrader Philharmoniker tauchten der Sekretär des Komponistenverbandes und ein Regierungsvertreter auf. "Der Philharmoniedirektor Issai Rienzin", schreibt Schostakowitschs Freund, der Regisseur Isaak Glikman, bat Dmitrij in sein Arbeitszimmer. Nach 15 bis 20 Minuten kam er zurück, und wir gingen dann zu Fuß in Richtung Kirowskiprospekt. Das lange Schweigen meines traurigen Weggenossen beunruhigte mich. Schließlich sagte Schostakowitsch mit tonloser Stimme, dass die Symphonie aus dem Programm genommen werde. Dies geschehe auf Rienzins Rat, der keine administrativen Mittel anwenden wollte und Schostakowitsch gebeten habe, selbst auf die Aufführung zu verzichten."
Schostakowitsch "rehabilitierte" sich nun mit der monumentalen Fünften, die zwar nicht weniger Anteilnahme des Komponisten verrät, deren formaler Verlauf aber sehr viel geradliniger und plakativer ist. Noch in den 50er-Jahren sah sich Schostakowitsch genötigt, seine Vierte als "misslungen" abzulehnen. Als 1961 endlich die Uraufführung durch Kirill Kondraschin bevorstand, prüfte er die Partitur eingehend. Doch er änderte keine Note. Schostakowitsch-Biograf und Komponist Krzysztof Meyer: "Niemals mehr hat er einen so übermütigen, sorglosen und exzentrischen Ton gefunden. Entscheidend ist jedoch die Tatsache, dass in dem ganzen Werk jener schwer in Worte zu fassende tragische Ton, ein leidenschaftliches Feuer und eine Tiefe spürbar sind, die die Persönlichkeit des Komponisten wiedergeben."
Chefdirigent Cornelius Meister und das ORF Radio-Symphonieorchester Wien begrüßen in diesem Konzert mit Fazil Say einen der profiliertesten Pianisten unserer Tage. Seine pointierten Interpretationen der Wiener Klassiker erreichen weit mehr Menschen, als gemeinhin zum engeren Konzertpublikum gezählt werden, seine sarkastischen Twitter-Kommentare haben die türkische Regierung gegen ihn aufgebracht. Mit Beethoven haben Say und Meister einen Komponisten ausgesucht, der zu Schostakowitschs kompositorischen Vorbildern gehörte.
Text: Christoph Becher, Intendant RSO Wien
Service
Diese Sendung wird in Dolby Digital 5.1 Surround Sound übertragen. Die volle Surround-Qualität erleben Sie, wenn Sie Ö1 unter "OE1DD" über einen digitalen Satelliten-Receiver und eine mehrkanalfähige Audioanlage hören.
Sendereihe
Gestaltung
- Gerhard Hafner
Übersicht
Playlist
Komponist/Komponistin: LUDWIG VAN BEETHOVEN/1770-1827
Titel: Konzert für Klavier und Orchester Nr.3 c-Moll op.37
* 1. Allegro con brio (15.45)
* 2. Largo (8.37)
* 3. Rondo. Allegro (8.46)
Solist/Solistin: Fazil Say/Klavier
Orchester: ORF Radio-Symphonieorchester Wien
Leitung: Cornelius Meister
Länge: 33:08 min
Label: Breitkopf&Härtel/Schott
Komponist/Komponistin: WOLFGANG AMADEUS MOZART/1756-1791
Titel: Zugabe: Largo, 2.Satz aus der Klaviersonate F-Dur KV 332
Solist/Solistin: Fazil Say/Klavier
Länge: 05:09 min
Label: Henle/Eigenmat.
Komponist/Komponistin: DMITRI SCHOSTAKOWITSCH/1906-1975
Titel: Symphonie Nr.4 c-Moll op.43
* 1. Allegretto poco moderato - Presto (26.28)
* 2. Moderato con moto (9.17)
* 3. Largo - Allegro (26.16)
Orchester: ORF Radio-Symphonieorchester Wien
Leitung: Cornelius Meister
Länge: 62:00 min
Label: UE/Leihmat.
Komponist/Komponistin: Wolfgang Amadeus Mozart
Titel: Sonate für Klavier Nr.12 in F-Dur KV 332 / daraus: Allegro - 1.Satz
Solist/Solistin: Fazil Say /Klavier
Länge: 09:00 min
Label: WARNER CLASSICS 82564694206 (6
Komponist/Komponistin: DMITRI SCHOSTAKOWITSCH/1906-1975
Titel: Konzert für Violoncello und Orchester Nr.1 Es-Dur op.107
* 1. Allegretto
* 2. Moderato
* 3. Cadenza
* 4. Allegro con moto
Orchester: ORF Radio-Symphonieorchester Wien
Leitung: Heinrich Schiff/Violoncello
Länge: 27:55 min
Label: UE/Leihmat.