Dimensionen - die Welt der Wissenschaft

Die Zirkulation der Leidenschaften.
Ein Porträt des französischen Soziologen Michel Maffesoli.
Von Nikolaus Halmer

Michel Maffesoli gilt als Enfant terrible der französischen Soziologie. Sein Forschungsgebiet bezieht gesellschaftliche Randzonen mit ein, die von der universitären Soziologe sonst kaum betreten werden. Für ihn zählen konkrete Erfahrungen, die er bei Rave Parties, in Diskotheken oder bei Demonstrationen macht. Diese Intensitätserlebnisse sind für Maffesoli das "Erdbebenhafte der menschlichen Lustempfindung".

In seinem gesamten Werk attackiert Maffesoli das Nützlichkeitsdenken und den Produktivitätswahn der klassischen kapitalistischen Ökonomie. Sie kenne nur - so lautet sein Vorwurf - den Erhalt und die Ausweitung des vorhandenen Reichtums und einen gemäßigten, kontrollierten Verbrauch. Diesem "produktiven Verbrauch", der zur Erhaltung des Lebens notwendig ist, stellt Maffesoli den hemmungslosen Orgiasmus dionysischer Erfahrungen gegenüber.

Der Soziologe des Dionysischen plädiert für eine Transformation der homogenen, profanen Gesellschaft in eine orgiastische Form des Zusammenlebens. An die Stelle "des prometheischen Lichtregimes", das auf die Epoche der Aufklärung zurückzuführen ist, so Maffesoli - trete das "dionysische Schattenreich", in der "eine Zirkulation der Leidenschaften" erfolgt.

Service

Michel Maffesoli: Die Zeit kehrt wieder. Lob der Postmoderne. Aus dem Französischen von Ulrich Kunzmann, Matthes&Seitz 2014
Michel Maffesoli: Der Schatten des Dionysos. Zu einer Soziologie des Orgiasmus. Aus dem Französischen von Martin Weinmann, Syndikat, nur mehr antiquarisch erhältlich
Reiner Keller: Michel Maffesoli. Eine Einführung, UVK Verlagsgesellschaft 2006

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