Alles Jubel!

24. Mai 2017, 14:05

Zwei Jubiläen

Zwei Jubiläen gab es am 4. November 2016 in der Estonia Concert Hall in Estlands Hauptstadt zu feiern. Kalle Randalu, der in Deutschland lebende und unterrichtende estnische Pianist, feierte im Eröffnungskonzert des 10. Tallinn Klavierfestivals seinen 60. Geburtstag mit Aufführungen des 2. Klavierkonzerts von Johannes Brahms und Beethovens "Fantasie für Klavier, Chor und Orchester c-Moll op. 80". Kalle Randalu hat dieses Hybrid aus Klavierfantasie, Klavierkonzert und Kantate oft gemeinsam mit Beethovens fünf Klavierkonzerten an jeweils zwei Abenden aufgeführt.

Das seit 1998 alle zwei Jahre stattfindende Festival ist das größte seiner Art in den nordischen und baltischen Staaten. Nelson Freire, Stephen Kovacevich, Eliso Virsaladze, Cyprien Katsaris, Marc-André Hamelin, Pierre-Laurent Aimard, Steven Hough, Nikolai Luganski, Arkadi Volodos, Pjotr Anderszewski und viele andere Pianistenstars sind der Einladung des Festivalgründers, künstlerischen Leiter und Pianisten Lauri Väinmaa gefolgt. Seine Absicht während des einwöchigen Festivals war nicht nur, "außergewöhnliche Solisten nach Estland zu holen, sondern auch das Publikum mit Trends des internationalen Musiklebens" vertraut zu machen und die "150 Jahre währende Geschichte des Klavier Recitals" zu feiern. Seit seiner Gründung hat sich das Festival in den jeweils 15 Konzerten einerseits historischen Instrumenten und anderen Tasteninstrumenten geöffnet, andererseits auch zeitgenössischer Beschäftigung mit dem Klavier gegenüber aufgeschlossen gezeigt. Einen Namen hat sich das Festival zudem wegen der Ausstellungen gemacht, die sich mit der "Geschichte des Klaviers bzw. der Pianisten" beschäftigen.


Lepo Sumera, 1981 und das Unabwendbare

Am Ende des Konzerts spielte der in Karlsruhe lehrende Pianist Kalle Randalu "The Piano Piece from the Year 1981" des 2000 im Alter von 50 verstorbenen estnischen Komponisten Lepo Sumera. Bis 1981 hatte sich Sumera mit elektroakustisch generierter Musik und dodekaphonischen Verfahren beschäftigt. In diesem Klavierstück, für das der Komponist keinen Titel fand und mit dem er seinen Stil radikal änderte, wird eine Ganztonskala der rechten Hand rhythmisch variiert, während die linke Hand während der knapp achtminütigen Komposition eine fast unveränderte Bassfigur spielt. Sumera kommentierte zwölf Jahre später, er habe sich in diesem Stück zum ersten Mal "für das Verhältnis zweier Materialien interessiert, in dem Fall zweier Hände, die jeweils eigenes Material spielen, wobei sich eines ändert, das andere nicht, beide aber statisch sind. Änderungen des einen haben sowohl im Rhythmischen als auch Melodischen den seltsamen Effekt des Unabwendbaren."

Sendereihe

• Das Ö1 Konzert

Gestaltung

• Peter Kislinger