Leporello
Kunst als Brandschutz: Der "Eiserne Vorhang" in der Staatsoper
Die Künstlerin Tauba Auerbach über ihre Arbeit
14. Juni 2017, 07:52
Im kommenden Herbst feiert die Ausstellungsreihe "Eiserner Vorhang" des Kunstvereins "museum in progress" und der Wiener Staatsoper ihr 20. Jubiläum. Seit 1998 gestalten bildende Künstlerinnen und Künstler die Brandschutzwand zwischen Bühne und Zuschauerraum für die jeweilige Spielzeit und verwandeln die Staatsoper so in einen Ausstellungsraum für zeitgenössische Kunst. Den Auftakt machte Kara Walker, es folgten Namen wie Maria Lassnig, Franz West, Jeff Koons oder Joan Jonas. Der neunzehnte "Eiserne Vorhang" stammt von der US-Amerikanerin Tauba Auerbach, deren Großbild noch bis Ende der Spielzeit 2016/17 zu sehen ist.
1981 in San Francisco geboren, studiert Tauba Auerbach zunächst Maschinenbau an der kalifornischen Eliteuniversität Stanford, denn "ich denke, viele Leute die ihre Berufung im Kreativbereich sehen, sind besorgt, ob sie einmal genug Essen auf den Tisch bringen können. Deshalb wollte ich diesen Abschluss machen", erzählt die Künstlerin im Interview. Obwohl sich Auerbach im Ingenieurwesen überaus wohl fühlt - eine Tatsache, die in der technisch-mathematischen Akkuratesse ihrer Kunst bis heute einen Nachhall findet - bricht Auerbach den Studiengang ab, um sich ihrer wahren Berufung zu widmen. "Denn Maschinenbau war großartig, aber nicht so großartig wie die Malerei."
Nach dem Studium arbeitet Auerbach bei einem Schildermaler in San Francisco und wird mit typografischen Arbeiten von Galerien entdeckt. Später wendet sie sich der geometrischen Abstraktion, mathematischen Mustern und Modellen zu, arbeitet sich in der Kunst an logischen Systemen ab. Um 2005 überschreitet Tauba Auerbach die Schwelle des globalisierten Kunstmarkts und wird einem europäischen Publikum vor allem mit ihren abstrakten Falt- und Webbildern bekannt. "Ich habe diese Schwelle zögerlich und auch ein wenig naiv überschritten", resümiert Auerbach. Wenig weiß die junge Künstlerin am Beginn ihrer Karriere vom Geschäft mit der Kunst, den undurchsichtigen, spekulativen Mechanismen des Sekundärmarkts. "Damit ringe ich immer noch. Aber ich denke, in totale Opposition zu gehen, verstärkt die Dinge nur, gegen die man opponiert. Ich dachte also, anstatt die Kunst als Beruf einfach sein zu lassen, versuche ich einige Dinge eben anders zu machen."
Neben ihrer erfolgreichen Karriere als bildende Künstlerin betreibt Tauba Auerbach - die sich als Kind schon in Buchbinderei übte und sich heute in ihren skulpturalen Arbeiten immer wieder der Buchform bedient - seit 2013 den Kleinverlag "Diagonal Press" in New York, "weil ich das Distributionsmodell und den sozialen Aspekt mehr schätze, als nur in Galerien und Museen auszustellen." Bei "Diagonal Press" publiziert Auerbach unter anderem typografische Muster, Kunstbücher und abstrakte Begleitkataloge zu ihren Ausstellungen und das "möglichst kostengünstig und in offenen Editionen", wie die Künstlerin sagt. "Nichts ist signiert, nichts ist nummeriert. Es gibt also keine Hierarchie des Seltenheitswerts oder irgendeinen künstlichen Mangel. Theoretisch gibt es für diese Arbeiten also auch keinen Sekundärmarkt. Wenn du etwas kaufst, dann kaufst du es, weil du denkst, dass du etwas davon hast. Das finde ich geradliniger und mehr so, wie ich mir wünschen würde, dass das ganze Kunstgeschäft grundsätzlich funktionierte. Es aber einfach nicht tut."- Gestaltung: Roman Tschiedl
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