Gedanken für den Tag
Raphael Bonelli über die Selbsttranszendenz
"Mehr als Ich". Die Selbsttranszendenz relativiert mich selbst und macht den Menschen weniger narzisstisch, meint der Psychiater, Neurologe und Autor Raphael Bonelli. - Gestaltung: Alexandra Mantler
14. Juni 2017, 06:56
Selbsttranszendenz tut der menschlichen Psyche gut. Das wissen wir seit Viktor Frankl, aber empirisch wissenschaftlich hat das eigentlich erst Robert Cloninger, ein US-amerikanischer Wissenschaftler, Psychiater und Genetiker, festgemacht. Robert Cloninger war auf der Suche nach neuen Persönlichkeitsmerkmalen und hat die Temperamente neu definiert. Sie wissen, Temperamente: melancholisch, sanguinisch, phlegmatisch, usw., also das was man genetisch., was den Menschen ausmacht, was so automatische Reflexe sind, die in der Biologie unseres Gehirnes verschalten sind.
Nachdem er diese Temperamente neu definiert hat, hat er entdeckt, er kann noch nicht Psychopathie, also Persönlichkeitsstörungen, von freien, gesunden Menschen unterscheiden. Und dann ist er noch einmal in sein Labor gegangen, hat das ganze Team zusammengeholt und hat gesagt: Wir brauchen noch die Parameter, die den Menschen frei machen. Und hier hat er dann nach Viktor Frankl die Selbsttranszendenz herausrechnen können.
Die Selbsttranszendenz ist der Unterschied, der den freien Menschen vom psychopathischen Menschen unterscheidet. Menschen mit Persönlichkeitsstörungen sind Menschen, die so agieren, dass sie andere und sich selbst schädigen und aus diesem Eck nicht mehr raus können. Der freie Mensch kann über seinen Schatten springen. So hat Robert Cloninger eigentlich spät, 30 Jahre später, Viktor Frankl bestätigt.
Selbsttranszendenz macht den Menschen frei und es macht ihn auch glücklich, weil Selbsttranszendenz eine Form von Freiheit ist und eine Form von Tugend, die man anlernen kann und die man dann letztlich verwenden kann, um ein gutes Leben zu führen. Das wusste schon Aristoteles.
Service
Buch, Raphael Bonelli, "Männlicher Narzismus. Das Drama der Liebe, die um sich selbst kreist", Verlag Kösel
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Sendereihe
Gestaltung
Playlist
Komponist/Komponistin: Aram Khatchaturian/1903 - 1978
Titel: Maskerade - Suite nach der Schauspielmusik zu dem gln. Drama von Michail Lermontow
* Nr.1 Walzer (00:03:54)
Orchester: Scottish National Orchestra
Leitung: Neeme Järvi
Länge: 02:00 min
Label: Chandos 8542