Gedanken für den Tag

Brigitte Schwens-Harrant über Jane Austen

"Ironie und Vorurteil". Zum 200. Todestag von Jane Austen wirft die Feuilletonchefin der Wochenzeitung "Die Furche", Brigitte Schwens-Harrant, einen Blick auf die Werke der Autorin. Gestaltung: Alexandra Mantler

Im Dorf die Welt

"Drei oder vier Familien in einem Dorf auf dem Land, darauf muss man sich konzentrieren", schrieb Jane Austen in einem Brief 1814. Tatsächlich hat die Autorin ihre Heimat in Südengland nie verlassen, auch nicht in ihren Romanen. Während sie schrieb, tobten die Napoleonischen Kriege. Kaum eine Spur davon in ihren Romanen. Dass sie unpolitisch sei, wurde Jane Austen daher oft vorgeworfen, dabei hatte die Schriftstellerin auf eine feine, ironische Weise begonnen, die traditionellen Geschlechterrollen infrage zu stellen. Das könnte man auch politisch nennen.

Doch auch die Welt kam in dezenten Hinweisen in den Text. Im Titel des Romans "Mansfield Park" war für ihre Zeitgenossen unschwer Lord Mansfield zu erkennen, der als Richter durch sein Urteil 1772 zum Verbot der Sklaverei in England beitrug. Dass die unsympathische Tante in dem Buch zudem nach einem berühmten Sklavenhändler benannt war, wusste man wohl auch als Hinweis zu lesen. Als Fanny nach der finanziellen Grundlage des komfortablen Lebens der Familie fragt, die ihr Vermögen von Plantagen bezieht, gibt es als Antwort: Totenstille.

Das Politische beginnt bei Jane Austen aber vor allem im Privaten, beim Handeln des einzelnen, der sich in seliger Selbsttäuschung manchmal vielleicht auch dann für moralisch hält, wenn er es gerade nicht ist. Austen durchschaut mit genauem Blick das Verhalten von Menschen: Ihre Romane erzählen, dass der eigene Blick sehr getrübt sein kann, durch Liebe, durch Eitelkeit. Um zu ihrem Glück zu kommen, haben nicht nur die Figuren in ihrem berühmtesten Roman "Stolz und Vorurteil" Gelegenheit ihre Vorurteile zu überdenken. Auch die Leserinnen und Leser lernen während der Lektüre ihr Urteil zu revidieren.

Ein Urteil ist schnell gesprochen, selbst wenn es falsch ist, die Folgen sind oft fatal: Auch in diesen Analysen bleiben Jane Austens Romane, obwohl 200 Jahre alt, äußerst aktuell.

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Dario Marianelli/geb.1963
Bearbeiter/Bearbeiterin: Benjamin Wallfisch /Orchestrierung
Vorlage: Jane Austen/1775 - 1817
Gesamttitel: PRIDE & PREJUDICE / Original Filmmusik
Titel: Darcy's letter
Anderer Gesamttitel: STOLZ UND VORURTEIL / Original Filmmusik
Untertitel: MUSIC FROM THE MOTION PICTURE
Solist/Solistin: Jean Yves Thibaudet /Klavier
Solist/Solistin: Caroline Dale /Violoncello
Orchester: English Chamber Orchestra
Leitung: Benjamin Wallfisch
Länge: 02:00 min
Label: UCJ/Universal 4763088

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