Gedanken für den Tag

Topsy Küppers über gebrochene Versprechen

Die Schauspielerin und Autorin Topsy Küppers widmet sich humorvoll, mit spitzer Zunge und Weisheit dem Wortspiel "Ein gebrochenes Versprechen ist ein gesprochenes Verbrechen!" - Gestaltung: Alexandra Mantler

In den vergangenen Tagen versuchte ich zu erklären, wie wichtig es ist, seine Versprechen einzuhalten. Beispiele - positive - negative - halfen mir dabei. Erlebtes und Erhörtes bestätigten den Spruch: Ein gebrochenes Versprechen ist ein gesprochenes Verbrechen...

Ach wissen Sie, mit dem Versprechen ist es wie mit einem Fallschirm. Er taugt nur etwas, wenn er offen ist. Wir müssen offen sein für Situationen, die unserem logischen Denken widersprechen. Selbst Einstein schrieb in seinen letzten Lebensjahren, dass hinter unserer sichtbaren äußeren Welt eine göttliche Instanz stehen müsse.

Mein Freund Joschi Kohn war dreizehn Jahre alt, als er in das Konzentrationslager Mauthausen verschickt wurde. Er überlebte. Und gründete in Wien die Jugendgruppe Haschomer Hatzair, das heißt: "Der junge Wächter", es ist eine Jugendgruppe, so wie die Kinderfreunde, Naturfreunde, Pfadfinder. Ach, er war ein wunderbarer Mann. Mit Optimismus und Engagement brachte er den Jugendlichen die Liebe zur Natur und Solidarität bei. Die Kinder liebten ihn und ich bewunderte ihn. Wir wurden Freunde.

Joschi sprach nie über seine Leidensjahre im Konzentrationslager, aber einmal fragte ich ihn: "Joschi, wie hast Du das alles überstehen können, du warst doch noch ein Kind?" Er sagte: "Ich habe mir damals ein Versprechen gegeben. Es war ein einziger Satz: Ich komme hier lebend raus - und diesen Satz wiederholte ich immer wieder. Sie konnten mich auspeitschen, die schwersten Steine schleppen lassen, ich murmelte - ich komme hier lebend raus - sie haben mir die einzige Mahlzeit am Tag, einen Napf mit Wassersuppe vorgehalten, und als ich ihn nehmen wollte, vor meinen Füssen ausgegossen. Ich schloss die Augen, und dachte - ich komme hier lebend raus. Was immer ich tun musste, was immer man mir antat, nichts konnte das Versprechen, das ich mir selber gab, erschüttern."

Joschi ging später nach Israel und gründete dort den Kibbuz Gan Schmuel, der bald einer der erfolgreichsten im Land wurde. Junge Leute aller Länder und aller Konfessionen verbrachten glückliche, arbeitsreiche Monate in Gan Schmuel, geführt von einem Mann, der bewiesen hat, wie stark die Kraft der Gedanken sein kann, wie stark ein Versprechen, das man sich selbst gibt, sein kann - wie stark man ist - wenn man glaubt.

Service

Topsy Küppers

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Abraham Brudno
Textdichter/Textdichterin, Textquelle: Schmerke Katscherginski
Textdichter/Textdichterin, Textquelle: Thomas Soxberger /deutsch
Album: ESS FIRT KEIJN WEG ZURIK / JIDDISCHE LIEDER AUS DEM GHETTO IN WILNA 1941-1943
Titel: Friling
Anderssprachiger Titel: Frühling
Ausführende: Die Gojim /Gesang m.Begl.
Länge: 02:00 min
Label: Extraplatte 139 CD

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