Schmerztherapie

DPA/FREDRIK VON ERICHSEN

Medizin und Gesundheit

Ein Leben ohne Schmerzen

Täglich leiden - Menschen mit chronischen Schmerzen massiv unterversorgt

In Österreich sind sehr viele Menschen, nämlich 1,5 Millionen, von regelmäßigen bzw. immer wiederkehrenden Schmerzen betroffen. Rund 350.000 leiden an einer so genannten Schmerzerkrankung. Dabei handelt es sich um ein eigenständiges Krankheitsbild, das im Zuge der Schmerz-Chronifizierung entstehen kann und bei dem sich die Pein selbständig gemacht hat und auch nach Behebung der Ursachen weiter besteht. Am häufigsten sind Rücken- und Kopfschmerzen. Schmerzen können aber auch durch Neuralgien, Verletzungen, Operationen, internistische Erkrankungen, Rheuma und andere Entzündungen oder Tumoren entstehen.

Therapie mit Medikamenten

Zur Behandlung von Schmerzen stehen unterschiedliche Arzneimittel zur Verfügung, etwa Nicht-Opioide, Opioide und Co-Analgetika (Antidepressiva und Antikonvulsiva).
Wenn diese Präparate nicht wirken, setzen Anästhesisten zum Teil auch Cannabinoide ein. Ein bestimmter Inhaltsstoff der Hanfblüte, das Cannabidiol (CBD), wirkt gegen viele verschiedene Schmerzarten und führt zu keinen Wahrnehmungsveränderungen, wie dies beim THC (Tetrahydrocannabinol) der Fall ist. In Studien konnte gezeigt werden, dass sich CBD unter anderem gut zur Linderung von Neuropathien (Schmerzzustände der peripheren Nerven) nach einer Chemotherapie eignet.

Neue Wirkstoffe gegen Migräne

Anlässlich der derzeit laufenden Österreichischen Schmerzwochen berichtet die Österreichische Gesellschaft über eine neue Möglichkeit, Migräne-Attacken vorzubeugen. Und zwar handelt es sich um den Antikörper Erenumab, der sich gegen den Entzündungsbotenstoff CGRP (calcitonin gene-related peptide) richtet. In den Synapsen des Trigeminusnervs wird CGRP bei einer Migräne-Attacke verstärkt ausgeschüttet. Dieses Eiweiß erweitert die Hirnhautgefäße und führt zu der Entzündungsreaktion, die den Kopfschmerz auslöst. Weitere Präparate mit den Wirkstoffen Fremanezumab, Galcanezumab und Eptinezumab sollen demnächst auf den Markt kommen.

Eine breite Palette an zusätzlichen Möglichkeiten

Neben der Einnahme von Medikamenten raten Schmerzexperten zu einer Begleitung durch einen Facharzt/einer Fachärztin für Physikalische Medizin. Das Angebot reicht hier von Elektrotherapie und therapeutischem Ultraschall über unterschiedliche Massageformen bis hin zu Bewegungstherapie (Nordic Walking, Schwimmen, Laufen, Muskelkräftigung etc.). Schmerzlindernd wirken überdies natürlich sämtliche Maßnahmen, die auch die Psyche mit einbeziehen: also Entspannungstechniken, Meditation, Psychotherapie usw.

Schmerzbehandlung im Wohnzimmer

Vor allem bei chronischen Schmerzen ist es sinnvoll, wenn Patientinnen und Patienten auch selbst regelmäßig ihre Schmerzen lindern. Gut geeignet sind dafür unter anderem unterschiedliche elektrotherapeutische Anwendungen - etwa die Hochtontherapie. Dabei werden die Muskeln bis in tiefe Schichten stimuliert und der Zellstoffwechsel angeregt. Diese Methode eignet sich besonders gut zur Behandlung von Polyneuropathien (etwa infolge von Diabetes). Die Geräte werden ärztlich verordnet und können häufig auf Krankenkasse ausgeliehen werden. Zuerst erfolgt natürlich eine genaue Einschulung.

Schlechte Betreuung

Trotz all dieser Möglichkeiten werden Schmerzen häufig unzureichend behandelt. Einerseits gehen die Betroffenen oft (zu) spät zum Arzt, andererseits bestehen grobe Mängel in der medizinischen Versorgung. Was dringend benötigt wird, sind mehr Schmerzambulanzen sowie Schmerzzentren, in denen erkrankte Personen interdisziplinär behandelt werden, betont unser Sendungsgast OÄ Dr.in Gabriele Grögl. Zurzeit gäbe es nur ein einziges Schmerzzentrum (in Kärnten) und 48 spezialisierte Ambulanzen, von denen viele aber nur ein Mal pro Woche geöffnet haben. Daher betragen die Wartezeiten zwischen zwei und vier Monaten. Zehn Einrichtungen dieser Art wurden in den vergangenen Jahren außerdem geschlossen.
Schließlich gibt es auch viel zu wenige FachärztInnen für Physikalische Medizin (366). Insgesamt eine sehr unzufrieden stellende Situation, nimmt doch der Zahl der Schmerz-Betroffenen aufgrund der steigenden Lebenserwartung stetig zu.

Reden auch Sie mit! Wir sind gespannt auf Ihre Fragen und Anregungen. Unsere Nummer: 0800/22 69 79, kostenlos aus ganz Österreich.

Sind Sie von chronischen Schmerzen betroffen? Von welchen?
Was haben Sie bereits gegen Ihre Beschwerden unternommen?
Was hat Ihnen geholfen?
Haben Sie schon viel Geld für sinnlose Behandlungsmethoden ausgegeben?
Betreiben Sie Sport?
Haben Sie eine Entspannungstechnik erlernt?
Wieviel Einfluss hat Ihrer Meinung die Psyche auf Ihre Beschwerden?

Moderation: Univ.-Prof. Dr. Manfred Götz
Sendungsvorbereitung: Mag.a Nora Kirchschlager
Redaktion: Dr. Christoph Leprich

Service

Susanne Fiala
chronische Schmerz-Patientin (nach Bandscheibenvorfall)
Leiterin der Selbsthilfegruppe Schmerz
Josefstädter Straße 87/16
1080 Wien
Tel. 0650 408 23 48
E-Mail
Allianz chronischer Schmerz

OÄ Dr. Gabriele Grögl
Präsidentin der Österreichischen Schmerzgesellschaft
Krankenanstalt Rudolfstiftung
Abteilung für Anästhesie und operative Intensivmedizin
Leiterin der Schmerzambulanz
Juchgasse 22, EG
1030 Wien
01/71165/4031
E-Mail
Schmerzambulanz

Dr. Friedrich Hartl
FA für Physikalische Medizin und Rehabilitation
Obmann der Bundesfachgruppe Physikalische Medizin und Allgemeine Rehabilitation der Österreichischen Ärztekammer
Raxstraße 28, Stiege 1, Top 1
1100 Wien
Tel.: 01/602 27 96
E-Mail
Friedrich Hartl

Schmerzen richtig behandeln - Patienteninformationsbroschüre der
Österreichischen Schmerzgesellschaft

Österreichische Schmerzgesellschaft
Schmerzeinrichtungen in Österreich
Allianz chronischer Schmerz
SHG Schmerz
Österr. Gesellschaft für Physikalische Medizin und Rehabilitation
Die Fachärzte für Physikalische Medizin und Rehabilitation in Wien
Hier finden Sie die für Sie passende physikalische Therapie
Empfehlungen zur Schmerztherapie bei Peripherer Diabetischer Polyneuropathie
Postoperative Schmerztherapie
Positionspapier der Österr. Schmerzgesellschaft zum klinischen Einsatz von Cannabinoiden in der Schmerzmedizin
Neuer Antikörper zur Prävention von Migräne

Thomas Hartl, "Geheilt vom Schmerz - Erfolgsgeschichten chronisch Kranker",
Wirtschaftsverlag Ueberreuter 2010

Hans-Günter Nobis, Roman Rolke, Toni Graf-Baumann (alle Hrsg.), "Schmerz - eine Herausforderung: Informationen für Betroffene und Angehörige - Offizielle Informationsschrift mehrerer Schmerzgesellschaften", Verlag: Springer; Auflage: 2 (8. April 2016)

Claus Derra, Corinna Schilling, "Achtsamkeit und Schmerz: Stress, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen und Schmerz wirksam lindern", Verlag: Klett-Cotta 2017

Sendereihe