Grafenegg Festival 2018

4. September 2018, 19:30

Wien modern anno 1803

Das 1925 gegründete Danish National Symphony Orchestra - eigentlich das Radiosinfonieorchester des Dänischen Rundfunks - spielte unter der Leitung seines Chefdirigenten Fabio Luisi Werke zweier dänischer Komponisten und Ludwig van Beethovens Klavierkonzert Nr. 3 - das einzige Beethoven-Konzert in Moll (wie die Pathétique-Klavier Sonate und Beethovens 5. Symphonie). Der Intendant des "Grafenegg Festival" nahm selbst am Flügel Platz: Rudolf Buchbinder.
Erste Skizzen hatte Beethoven 1796 zu Papier gebracht, Vier Jahre später waren die Sätze 1 und 2 fertig, 1803 wurde das Konzert am Theater an der Wien von Beethoven uraufgeführt.

Seeland, New York und die Endlickeit

Das Konzert begann mit einer österreichischen Erstaufführung eines Werkes, das erst im November 2017 uraufgeführt wurde, "Evening Land" des 1958 geborenen Bent Sörensen. Titel und Werk wurden von einer Kindheitserinnerung Sörensens an Seeland inspiriert: "Wie ich aus dem Fenster blicke ist da über den Feldern ein ganz besonderes Abendlicht - in der Ferne Bäume und eine Kuh. Als wäre die Welt unendlich. Aus meiner Kindheit habe ich so viel vergessen - aber aus irgendeinem Grund kommt diese Vision zu mir zurück. Sie war viele Jahre später wieder da, als ich von einem hoch gelegenen Balkon über New York blickte. Die Vision der Stille in Kombination verband sich nun mit der neuen Vision von Lichtblitzen und wuseliger Geschäftigkeit. Ich hatte den Titel gefunden - Evening Land ... und die Musik ergab sich aus dem Titel, aus diesen zwei Visionen."

Kurz vor dem Ende des Werks war ein Oboensolo als Verbeugung vor Sörensens Schwiegervater gedacht, einen Oboisten des Esbjerg Ensembles, der während der Komposition erkrankte. Sörensens Schwiegervater starb jedoch, ehe er das Solo und das Werk hören konnte. So hat der Titel noch eine Bedeutung angenommen: Lebensabend, Endlichkeit.

Titel ja, Programmmusik nein

Der 1865 auf Fünen geborene und 1931 in Kopenhagen verstorbene Carl Nielsen hat an seiner 4. Symphonie von 1914 bis 1916 gearbeitet. Die Musik, schrieb er, "ist nichts Grandioses, oder Feines, Zartes, Warmes, Kaltes; vielleicht etwas Kraftvolles, einfach nur Leben und Bewegung, abwechslungsreich, sehr abwechslungsreich, gebündelt, fließend, in stetem Strömen. Ich brauche ein Wort oder einen kurzen Titel, um das alles zu sagen." Nielsen, der Programmmusik nicht mochte, entschied sich für "Det Uudslukkelige" (Das Unauslöschliche) - das, was nicht ausgelöscht werden kann. Nielsen meinte nicht bloß das Menschenleben, sondern alles Lebendige. "Würde die ganze Welt zerstört, so würde die Natur noch einmal beginnen, neues Leben zu zeugen mit den starken und feinen Kräften, die in dem ureigenen Stoff des Daseins zu finden sind und vorwärts drängen. Ich habe versucht, diese unauslöschlichen Kräfte darzustellen." Mit naiv-romantischer Naturschilderung und Nordseemeereswellen hat die Musik dieses großen, 1931 verstorbenen, Symphonikers nichts zu tun.

Sendereihe

• Das Ö1 Konzert

Gestaltung

• Peter Kislinger