Gedanken für den Tag

Barbara Glück über das Gedenken an 1938

"Was hat das mit mir zu tun?" Barbara Glück, Direktorin der KZ-Gedenkstätte Mauthausen, gedenkt der November-Pogrome 1938. - Gestaltung: Alexandra Mantler

Ein Ort, der immer wieder für zahlreiche Fragen und Debatten bei Besuchern und Besucherinnen an der KZ-Gedenkstätte Mauthausen sorgt, ist das Gefängnis im Inneren der Anlage. Es ist 1940 gebaut worden und wurde auch "der Bunker" genannt.

"Wozu baut man ein Gefängnis in einem Gefängnis?", fragen sich viele. Jemandem seine Bewegungsfreiheit zu nehmen, gehört zu den ernsthaftesten Strafen, die unser Rechtssystem verhängen kann. Doch welches Gewicht hat so eine Strafe in einem nationalsozialistischen Konzentrationslager? Wie wichtig ist es für den einzelnen Menschen, Teil einer Gruppe zu sein?

Erst kürzlich hab ich mit einer Schulklasse an der Gedenkstätte darüber gesprochen. Die Jugendlichen haben diese Frage - für mich sehr überraschend - umgekehrt beantwortet. Einer der Schüler hat es so zusammengefasst: "Die Frage, die heute viel wichtiger für uns ist, ist: Wie dringend braucht die Gesellschaft die Partizipation des einzelnen Menschen? Eine Demokratie, eine pluralistische Gesellschaft, ist davon abhängig, dass so viele Menschen wie möglich ihren Input einbringen. Trotzdem grenzen wir tagtäglich Menschen aus unserer Gesellschaft aus, zu unserem eigenen Nachteil. Dabei gibt es auch keine Ausrede, denn es liegt immer in unserer alleinigen Hand zu entscheiden, wen wir ausschließen und wen nicht. Im Großen wie im Kleinen, ob in der Welt oder in unserer Klasse. Wir haben es tagtäglich in der Hand, ob wir Zusammenhalt fördern oder nicht.

Dann hat eine seiner Kolleginnen noch etwas hinzugefügt, das mich bis heute zum Nachdenken bringt: "Zusammenhalt ist nichts, was man einfordern kann, man muss ihn aktiv fördern und kann nur hoffen, dass er zurückkommt." Beinahe ohne Ausnahme hat ihr die Klasse zugestimmt, als sie noch gesagt hat: "Damit muss man bei den jüngsten Mitgliedern der Gesellschaft anfangen. Wenn man uns nicht fragt, was wir bedenkenswert finden, dann ist es fraglich, ob diese Gedenkkultur weiterlebt."

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Sendereihe

Gestaltung

Übersicht

Playlist

Komponist/Komponistin: Kurt Adametz
Gesamttitel: HEIMKEHR
Titel: Seele Russlands
Ausführende: Kurt Adametz
Länge: 04:14 min
Label: ORF-Enterprise Musikverlag

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