Dimensionen
"Es ist noch immer nicht vorbei"
Das vergessene SS-Polizeihaftlager Fort Breendonk
Von Ulrike Schmitzer
4. September 2019, 19:05
"Wer als Tourist Belgien besucht, den mag vielleicht ein Zufallsweg nach dem halbwegs zwischen Brüssel und Antwerpen gelegenen Fort Breendonk führen. (..) Dort geschah es mir: die Tortur." Der bekannte österreichische Schriftsteller Jean Amery beschrieb in dem in viele Sprachen übersetzten Essay "Die Tortur", wie ihn SS-Soldaten 1943 in Fort Breendonk folterten. "Es ist noch immer nicht vorbei. Ich baumele noch immer, zweiundzwanzig Jahre danach, an ausgerenkten Armen über dem Boden, keuche und bezichtige mich. Da gibt es kein "Verdrängen".
Jean Amery - eigentlich Hans Maier - war einer der 32 Österreicher, die im KZ Breendonk inhaftiert waren. Hier wurden nicht nur führende Vertreter der belgischen Résistance festgehalten, sondern auch etliche österreichische Widerstandskämpfer. Dieses sog. Polizeihaftlager oder SS-Auffanglager (1940 - 1944) ist fast vollständig erhalten geblieben, so wie die britischen Truppen es am 4.9.1944 vorfanden.
Erstaunlicherweise ist Breendonk aber fast völlig unerforscht, meint Zeithistoriker Hans Schafranek. Der NS-Forscher hat in 10 Archiven in Belgien, Deutschland, Russland und Österreich recherchiert und erstmals ein umfassendes Bild der brutalen Haftbedingungen, der rund 3.600 Inhaftierten sowie der Täter entworfen. Er hat damit eine Leerstelle der österreichischen Erinnerungskultur geschlossen. - Am 4. September 2019 jährt sich die Befreiung Breendonks durch alliierte Truppen zum 75. Mal.