Buntes Herbstblatt

APA/DPA/FRANK RUMPENHORST

Das Ö1 Gesundheitsmagazin

Fallende Blätter und Sternenhimmel +++ Wundersalz mit Tücken

1. Rascher genesen auf der Intensivstation

Grelles Licht, piepsende Geräte und alles in sterilem Weiß - so das typische Intensivzimmer in Spitälern. Niemand fühlt sich in einer solchen Umgebung besonders wohl - weder Patienten, noch Ärzte. Grund genug für die Charité Berlin ein Experiment der besonderen Art zu wagen. Im Rahmen einer Studie entwickelten Ärzte und Pfleger gemeinsam mit Architekten, Mediendesignerinnen sowie Licht- und Akustikexperten zwei Pilot-Intensivzimmer, die insbesondere auf die Wahrnehmung von Patienten mit einem Delir abgestimmt sind. Das Delir tritt bei Personen, die auf einer Intensivstation liegen, sehr häufig auf. Es ist Ausdruck der schweren Erkrankung, die auch die Gehirnfunktion in Mitleidenschaft zieht. Typische Symptome sind zeitliche und räumliche Desorientiertheit, Verwirrtheit oder Halluzinationen. Ziel der Studie, die 2014 startete, war die Reduktion nachweisbar Stress auslösender Faktoren. Diese begünstigen das Entstehen eines Delirs, bzw. wirken sich negativ auf dessen Heilungsprozess aus. In gemeinsamer Pionierarbeit wurde an vielen Schrauben gedreht - Licht, Geräusche, Materialien und Formen kommen ganz anders zum Einsatz als in herkömmlichen Intensivzimmern. Verschiedene technische Geräte wurden zum Beispiel hinter Holzblenden versteckt, was nicht nur optisch ansprechend ist. Auch unangenehme Krankenhausgeräusche etwa von piepsenden Monitoren oder brummenden Sauerstoffgeräten werden so reduziert. Das Herzstück dieser innovativen Krankenzimmer ist ein LED-Screen über dem Bett. Er kann sowohl von den Ärzten als auch von den Patientinnen und Patienten bedient werden. Bei Schmerzen strahlt der Screen ein wohltuendes Grün aus, wenn jemand Angst hat, kann er oder sie ein Programm wählen, bei dem Blätter "vom Himmel" fallen. Überdies simulieren Lichtprogramme den natürlichen Wechsel von Tag und Nacht, wodurch die Schlafqualität verbessert wird. Die Studie ist nun abgeschlossen, und die Ergebnisse werden analysiert. Jene Zahl, die bereits jetzt veröffentlicht werden kann, ist vielversprechend: Durch die verschiedenen Interventionen konnte die Delirrate stark reduziert werden - von 70 auf 45 Prozent. Ein Beitrag von Carola Timmel.

2. 70 Jahre Lithiumtherapie

Vor 70 Jahren begann die medizinische Karriere des Leichtmetalls Lithium. 1949 entdeckte der australische Psychiater John F. Cade eher zufällig, dass Ratten durch die Gabe von Lithium lethargisch wurden. In der Psychiatrie werden Lithiumsalze eingesetzt - und zwar zur Therapie der bipolaren Störung, die durch abwechselnd manische und depressive Phasen gekennzeichnet ist. In Österreich sind rund 400.000 Menschen davon betroffen. Lithium stabilisiert die Stimmung und wirkt suizidalen Tendenzen entgegen.
In manchen Regionen der Welt ist es als Spurenelement im Trinkwasser enthalten, und tatsächlich sind dort die Suizidraten niedrig. Typischerweise wird Lithium mit Antidepressiva kombiniert, um eine stimmungsaufhellende Komponente hinzuzufügen.
Regelmäßige Untersuchungen durch den Psychiater sind unter einer Lithiumtherapie notwendig. Zu den möglichen Nebenwirkungen zählen Gewichtszunahme, Erektionsprobleme und verminderte Libido. Lithium kann sich auch negativ auf Nieren und Schilddrüse auswirken. Ein Beitrag von Paul Lohberger.

Redaktion: Nora Kirchschlager und Christoph Leprich

Service

1. Architektur und Gesundheit:

Interviewpartner/innen:

Prof. Dr.in Claudia Spies
Leiterin Klinik für Anästhesiologie
mit SP operative Intensivmedizin
Charité - Universitätsmedizin Berlin
Augustenburger Platz 1
D-13353 Berlin
Tel. +49-30450531012
E-Mail
Homepage

DI Lars Krückeberg
GRAFT Gesellschaft von Architekten mbH
Heidestrasse 50
D-10557 Berlin
Tel. +49-(0)3030645103-0
E-Mail
Homepage

Infolinks und Buchtipps:

Graftlab - Parametrische (T)raumgestaltung
ART & COM Studios

Bücher:

Sylvia Leydecker, "Das Patientenzimmer der Zukunft: Innenarchitektur für Heilung und Pflege", Birkhäuser Verlag 2017

Hans Nickl, Christine Nickl-Weller, "Healing Architecture", Braun Publishing Verlag 2013

Hermann Stockhorst, Linus Hofrichter, "Krankenhausbau: Architektur und Planung, bauliche Umsetzung, Projekt- und Betriebsorganisation", MWV Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2018


2. Lithiumtherapie:

Interviewpartner/innen:

Univ.-Prof. Dr. Kenneth Thau
Stephanie Ehrmann - SHG BI Happy

Buchtipp:

Stefanie M. Ehrmann, "Tabu Bipolar - Erfahrungsbericht einer Betroffenen", Eigenverlag, ISBN 978-3-200-04865-2

Infolinks:

Therapie mit Lithium hat viele Facetten
Lithium verringert Suizide bei Depressionen
Lithiumtherapie bei bipolarer Störung

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