APA/HANS PUNZ
Radiokolleg - Jüdische Nachbarn
Nähe und Differenz (3). Gestaltung: Christian Schüller
2. Oktober 2019, 09:05
Wer weiß schon, dass ein jüdischer Fußballverein einst österreichischer Meister wurde? Oder dass das Fiakerlied, wie viele andere Wienerlieder, von einem Juden geschrieben wurde? Wer kennt die jüdischen Bergsteiger, die sich im österreichischen Alpenverein engagierten, solange sie dort geduldet waren?
Wie nahe Juden und Nicht-Juden vor der Shoah in Österreich zusammenlebten und arbeiteten, scheint heute nur wenigen bewusst zu sein. Seit dreißig Jahren versucht das Jüdische Institut für Erwachsenenbildung eine Brücke zu bauen, um Juden und Nicht-Juden einander wieder näher zu bringen. Sprachkurse in Jiddisch und Hebräisch, Singgruppen, Kochworkshops und Diskussionen über historische und aktuelle Themen sprechen eine wachsende Zahl von Interessierten an.
Immer wieder staunen Kursteilnehmer darüber, wie viele Unterschiede und Variationen jüdische Kultur zu bieten hat. So ist das Jiddische nur eine der Sprachen, die Juden auf ihrer erzwungenen Wanderschaft von Land zu Land entwickelt haben. Im Jiddischen mischen sich Deutsch, Russisch und Hebräisch. Aber auch aus dem Arabischen und aus dem Spanischen sind jüdische Literatur-Sprachen hervorgegangen. Und auch Persisch ist seit Jahrtausenden eine Sprache der Juden geblieben. Gewürze und Geschmäcker aus vielen Regionen haben in die jüdische Küche Eingang gefunden, und die jüdische Musik mischt Klangfarben aus unterschiedlichen Weltgegenden.
In Österreich leben heute etwa siebentausend Juden, die meisten davon in Wien. Ihre Beziehungen zu Tradition und Gegenwart, Religion und Politik sind sehr unterschiedlich. Nicht alle finden es wichtig, Wissen über jüdische Kultur zu verbreiten. Manche sehen darin aber die einzige Möglichkeit, dem alten und neuen Antisemitismus zu begegnen. Den Einen ist es ein großes Anliegen, ihren Kindern jüdische Identität zu vermitteln. Andere sehen Identität als etwas, das sich in der heutigen Zeit nicht mehr eindeutig bestimmen lässt.
Christian Schüller hat nachgefragt, wie Jüdinnen und Juden Nähe und Differenz zu ihren nicht-jüdischen Nachbarn erleben.
Service
Alejchem, Scholem, Tewje, der Milchmann, Manesse Verlag
Alejchem, Scholem, Panik im Schtetl, Geschichten aus Kasrilewke, Marix Verlag
Berczeller, Richard: Verweht, Edition Rötzer
Charim, Isolde, Ich und die Anderen, Zsolnay
Cohen, Chaim, Der Prozess und Tod Jesu aus jüdischer Sicht, Suhrkamp
Deutscher, Isaac, Der nicht-jüdische Jude, Rotbuch Verlag
Diner, Dan, Das Jahrhundert verstehen, Luchterhand
Eisenberg, Paul Chaim, Das ABC vom Glück, Jüdische Weiseheiten, Brandstätter Verlag
Katznelson, Jitzchak, Das Lied vom letzten Juden, Edition Hentrich
Herz-Kestranek, Kaiser, Strigl (Hg.) In welcher Sprache träumen Sie, Verlag der Theodor Kramer Gesellschaft
Much, Theodor, Faszination Judentum, LIT Verlag Wien
Nirenberg, David, "Jüdisch als politisches Konzept", Wallstein Verlag
Polleross, Josef, Heute - Jüdisches Leben in Wien, Metroverlag
Rabinovici, Doron, Christian Heilbronn (Hg.) Neuer Antisemitismus? Suhrkamp
Bohlmann, Philip, Jewish Music and Modernity, Oxford University Press
Carroll, James, Constantine's Sword, The Church and the Jews, Houghton Mifflin Company
Elukin, Jonathan, Living together - living apart, Princeton University Press
Jill-Levine, Brettler, The Jewish Annotated New Testament, Oxford University Press
Karlen, Neal, The Story of Yiddish - How a mish-mosh of languages saved the jews, Harper
Katz, Dovid, Words on Fire - the unfinished story of Yiddish, Basic Books
Michels, Tony, Fire in their hearts, Yiddish Socialists in New York, Harvard
Pinsker, Shachar, A Rich Brew - How Cafés Creates Modern Jewish Culture, New York University Press
Weinstein, Miriam, Yiddish - A nation of words, Ballantine Books
Wine, Sherwin, A provocative People, International Institute for Secular Humanistic Judaism
Kostenfreie Podcasts:
Radiokolleg - XML
Radiokolleg - iTunes