Frauenhand hält Tampon

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Radiokolleg - Mehr Tabu als Sex?

Die Menstruation im Porträt (1). Gestaltung: Tanja Rogaunig

Die Periode, die Regel, meine Tage, Besuch von Tante Rosa, Erdbeerwoche, Los Wochos. Die Menstruation betrifft die Hälfte der Menschheit. Trotzdem wird sie nur selten bei ihrem Namen genannt. Nach wie vor wird über die Monatsblutung mehr peinlich geschwiegen als offen gesprochen. In ihrer vierteiligen Radiokolleg-Reihe über die Menstruation stellt sich Tanja Rogaunig die Frage, warum das so ist und was während der Tage im Körper eigentlich passiert. Sie spricht mit Gynäkologen über Regelschmerzen und fragt nach, wie harmlos es ist, die Monatsblutung mit der Pille ganz zu unterdrücken. Mädchen und Frauen erzählen über ihre erste Regel, über Stimmungs- und Leistungsschwankungen, bevorzugte Hygieneartikel und Sex während der "kritischen Tage".

Dass über die Regel nicht gesprochen wird, hat lange Tradition. Bereits das Alte Testament deklarierte die Menstruation als Unreinheit, der mit strengen Auflagen zu begegnen sei: "Hat eine Frau Blutfluss und ist solches Blut an ihrem Körper, soll sie sieben Tage lang in der Unreinheit ihrer Regel verbleiben. Wer sie berührt, ist unrein bis zum Abend". (Buch Levitikus, Kapitel 15)

Auch in anderen religiösen Schriften wird die menstruierende Frau als unrein und damit tabu erklärt, was ihren Ausschluss aus dem religiösen und sozialen Leben bedeutet. In Indien ist Frauen im gebärfähigen Alter der Zutritt zu vielen Tempeln nach wie vor verboten. Außerdem werden sie, wie auch in manchen Gegenden Nepals, während ihrer Tage in Menstruationshütten verbannt.

In Europa griff im 20. Jahrhundert die Intimhygiene-Industrie das Reinheitsgebot auf. Binden und Tampons wurden mit Slogans wie "sauber und sicher" beworben. Nach wie vor wird Diskretion großgeschrieben. Anstelle von Menstruationsblut ist es in Werbespots üblich eine blaue Ersatzflüssigkeit zu zeigen.

Vor allem Hersteller von nachhaltigen Damenhygieneprodukten wie Bio- Binden oder Menstruationstassen bemühen sich seit einigen Jahren um eine schambefreite und offene Kommunikation: "Menstruation ist normal. Sie zu zeigen sollte es ebenso sein", lautet etwa ein Slogan. Auf Social-Media-Kanälen rufen Aktivistinnen unter dem Hashtag #periodpride zu einem stolzen Umgang mit der Periode auf.

Frei von Scham und Tabus ist das Thema aber noch nicht. Erst 2019 wurde in sozialen Netzwerken gegen ein Menstruations-Emoticon in Form eines roten Bluttropfens protestiert. Und eine repräsentative Umfrage der Wiener Menstruations-Informationsplattform "Erdbeerwoche" unter 1.100 österreichischen Jugendlichen zwischen 13 und 17 Jahren aus dem Jahr 2017 ergab nicht nur gewaltige Wissenslücken rund um das Thema Menstruation, sondern förderte auch ein negatives Bild der Regel zutage. 60 Prozent der Mädchen gaben an, eine negative Einstellung zu ihrer Menstruation zu haben und 70 Prozent der Burschen fanden das Thema "unwichtig" und "peinlich".

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LITERATUR:

Gabriele Pröll: Meine Tage. Quelle weiblicher Kraft und Intuition. 2002. Bauer Verlag.

Luisa Stömer/Eva Wünsch: Ebbe und Blut. Alles über die Gezeiten des weiblichen Zyklus. 2018. Goldmann Verlag.

Elisabeth Raith-Paula: Was ist los in meinem Körper? Alles über Zyklus, Tage, Furchtbarkeit. 2019. Knaur MensSana.

Jana Tobeiner: Mit einem Tabuthema brechen. Eine Analyse von Werbespots der Marke o.b. zur Darstellung von Tampons und Menstruation. 2019. Bakkalaureatsarbeit.

Marion Wittfeld: Alte Mythen neu verpackt. Camelia und die Menstruation. 2018.

Sabine Zinn-Thomas: Menstruation und Monatshygiene. Zum Umgang mit einem körperlichen Vorgang. 1997. Waxmann Verlag.

Periodenfrei

Christian Fiala et al.: The inconvenience due to women's monthly bleeding (ISY) survey: a study of premenstrual symptoms among 5728 women in Europe. 2017. link

Christian Fiala et al.: Women's preferences for menstrual bleeding frequency in 12 European countries: the Inconvenience Due to Women's Monthly Bleeding (ISY) survey. 2017.
link

Christian Fiala et al.: Missed pills: frequency, reasons, consequences and solutions. 2017
link



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