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OSBURG VERLAG

Radiogeschichten

Vom Vorzeigedichter zum Staatsfeind

"Steinträume". Von Akram Aylisli. Aus dem Russischen von Annelore Nitschke. Es liest Raphael von Bargen

Schriftsteller, die sich von der nationalistischen Schizophrenie anstecken lassen, sind keine Schriftsteller, sondern Grenzbeamte, schreibt der aserbaidschanische Autor Akram Aylisli im Nachwort zu seinem 2013 erschienenen Skandalbuch "Steinträume". Da hatte er bereits zu spüren bekommen, was passiert, wenn man im autoritär regierten Aserbaidschan über Grausamkeiten an den verfeindeten Armeniern, über blinden Nationalismus und rückgratlose Apparatschiks schreibt: Morddrohungen, Bücherverbrennungen, der tiefe Fall vom Volksschriftsteller zum Staatsfeind.

Ähnlich unbequem ist der Protagonist in seinem Buch. Und auch er muss dafür zahlen.

Als der gefeierte aserbaidschanische Schauspieler Sadai Sadygly in Baku einen Armenier vor einem wütenden Mob retten will, wird er lebensgefährlich verletzt. Im Wachkoma erinnert er sich an sein Heimatdorf Aylis, wo in seiner Jugend Armenier und Aserbaidschaner, Christen und Muslime friedlich nebeneinander lebten.

Der Autor stammt selbst aus dem Dorf Aylis an der Grenze zur Türkei und Armenien, nach dem er sich benannt hat. Es diente schon oft als Schauplatz seiner Werke. "Steinträume", das den Untertitel "Ein Requiem" trägt, ist nicht nur die Erzählung eines verlorenen Paradieses, sondern mitsamt seiner Genese und den Folgen ein Stück jüngster aserbaidschanischer Zeitgeschichte.

Gestaltung: Antonia Löffler

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"Steinträume" von Akram Aylisli. Aus dem Russischen von Annelore Nitschke. Erschienen im Osburg Verlag - Murmann Publishers 2015.

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