Ö1 Kunstsonntag: Überblick

Bitte belüften - Atmen im Garten

Nach den ermüdenden und eher öden Wochen im Lockdown haben wir uns jetzt ein bisschen Frischluft verdient. Durchtamen im Grünen - das ist das Erholungsangebot des heutigen Kunstsonntags. Und falls sie selbst keinen Garten ihr Eigen nennen, kein Problem, er kommt zu ihnen: Zum Beispiel um 23 Uhr im Kunstradio und ebenso in der heutigen Ausgabe der Neuen Texte. Doch gehen wir es chronologisch an.

Im Ausseerland musizieren die Protagonisten der heutigen Radiosession - selbstverständlich unter strengen Sicherheitsauflagen im Heimstudio. Das Resultat ist eine gelungene Zusammenkunft von Violine und Klarinette. Der Dialog der beiden ist authentisch, frisch und luftig.

Tonspuren-Producer Alfred Koch sagt über die heutige Sendung: "Was mir am Autor Klaus Merz gefällt, ist, dass er von seinem verstorbenen Bruder erzählt, ohne je ins Düstere zu kippen." Und dann erwähnt er noch das Wort eines Kritikers: "Es ist, trotz allem, keine trostlose Welt. Eher eine Welt, in der man Schicksalsschlägen mit Gleichmut, wenn nicht gar mit Witz begegnet - zumal das Schicksal selber groteske Züge trägt." Eine "Reise ins Zwischenland", Abfahrt: 20.15 Uhr.

Irakere als Salsa-Band zu bezeichnen, so wie es der Spiegel anno 1985 getan hat, geht eigentlich meilenweit daneben. Salsa war damals zum aalglatten Kommerz-Sound verkommen, die reichhaltige Musik der Karibik wurde offenbar mit zu viel Sonnenöl eingerieben - und dafür steht die Band "Irakere" eben nicht. Sondern vielmehr für eine revolutionäre Spielart des Latin Jazz. "Irakere" bedeutet übrigens Wald in der Yorubasprache aus Nigeria. Womit sich auch die historische Wirkung der Band erschließt - Jazz, vor allem Latin Jazz, wäre nie entstanden, wenn nicht auch afrikanische Elemente die Musikgeschichte in der Neuen Welt in Gang gesetzt hätten. So geschehen etwa 1979 bei den Festivals in Montreux und Newport, zu hören in einer besonders groovigen Ausgabe der Milestones.

In den Neuen Texten flanieren wir heute durch eine Gedankenlandschaft, in der immer wieder zwei Gärten auftauchen. Ein realer Glashausgarten in einer Gegend, den der Autor "Norden" nennt. Und ein - wahrscheinlich nur geträumter - "Salzgarten" in einem wärmeren "Süden". Über die altmodische Gärtnerei im Norden, in der die Freundin des Autors begeistert werkt, heißt es gleich zu Beginn, diese entspreche "bei weitem nicht mehr den Anforderungen der Zeit, in der die Zeit abhandengekommen war". Und in gewisser Hinsicht geht es uns wohl allen so: Wir sitzen zu Hause, im Home Office, üben uns im Corona-bedingten Neo-Biedermeier, oft allein, ohne Ansprache, oft auch vom Süden träumend; jedenfalls fühlt es sich bei der Zeit tatsächlich so an, als wäre sie uns dieser Tage irgendwie abhandengekommen.

Die Jet Lag All Stars Radio Show widmet sich heute einem Vorgang, der meistens ganz automatisch abläuft. Erwachsene tun es etwa 15 bis 20 Mal pro Minute: Es geht um das Ein- und Ausatmen. Kundige Auskunft geben zum Beispiel eine Atempädagogin, eine Hebamme, eine ehrenamtliche Pflegerin. Sowie, somatisch, auch die gesamte Jet Lag-Redaktion: Deren Atemzüge hat Klaus Wienerroither nämlich zu einer Atemsymphonie verdichtet - zu hören ab 22.05 Uhr.

Auch wenn die Ausgangsbeschränkungen wieder gelockert worden sind: Der Bewegungsradius der meisten von uns ist wohl wesentlich kleiner, als er es für gewöhnlich ist. Gut, dass es die Filmkolumne Zoom-In gibt, denn die bietet heute eine Art Therapie an oder zumindest ein Gegenprogramm: den Blick in die Ferne, in die Weite der Landschaft; Einstellungen, die gleichermaßen für Einsamkeit und Isolation oder auch Freiheit stehen können. Benno Feichter über die Bedeutung der Weite im Kino.

Ein Garten in den Lüften - den gibt es, und zwar im Kunstradio. Gabi Schaffner hat ihn für Ö1 bepflanzt. Seit 2012 produziert die Berliner Künstlerin Radiokunst aus verschiedenen Gärten; Datscha Radio heißt dieses ungewöhnliche Projekt, das Botanik und Poetik, Vogelkunde und Klangkunst zusammenbringt und über das Radio in die Lüfte verteilt. Das Kunstradio sendet die Collage "A garden in the air" im Rahmen des Ö1 Garten-Schwerpunkts.

Sendereihe

Gestaltung

  • Robert Czepel