Der große Ausverkauf und niemand geht hin

8. Juni 2020, 13:00

Boutiquen und Modekaufhäuser haben zwar wieder geöffnet, aber die Kauflust ist nicht zurückgekehrt. Die Insolvenzwelle im Modehandel reißt nicht ab. Nach großen Playern in der Modebranche wie Airfield, Colloseum, Haanl und Stefanel hat nun auch die Herrenbekleidungskette Dressmann die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragt. Das Unternehmen betreibt in Österreich 31 Filialen und beschäftigt 165 Leute.

Werden die als Gewinnerinnen und Gewinner aus der Krise hervorgehen, die ihr Geschäftsmodell komplett auf Online-Shopping umgestellt haben? Was wird aus den kleinen Einzelhandelsläden in der Stadt, was aus dem direkten Kundinnenkontakt? Haben große Teile der Mode- und Textilbranche ein überfälliges Umdenken verschlafen?

Vor zwanzig Jahren gründete Eva Buchleitner das Label EVA BLUT und hat sich mit dem Design, innovativer, wandelbarer Taschen einen Namen in der Modebranche gemacht. Jetzt schließt sie ihr Geschäftslokal in der Wiener Innenstadt und stellt auf Onlineverkauf um. "Es ist an der Zeit, die Funktion von Mode neu zu überprüfen; und das passiert gerade weltweit in der gesamten Branche," sagt die Designerin und Unternehmerin.

Der belgische Star-Designer Dries Van Noten und seine französische Kollegin Marine Serre fordern in einem offenen Brief, das System der Luxusmode zu überdenken. Mehrere hundert Akteurinnen und Akteue der Branche, darunter Kaufhäuser, Marken, Modeschöpferinnen, Designer schließen sich dem Aufruf an. Sie wollen einen "grundlegenden Wandel".

"Man kann die Modebranche nicht singulär betrachten", gibt Jochen Strähle, Fashion- und Marketingexperte, zu bedenken. Die Textil- und Modebranche schaffe seit Jahrzehnten einen Teufelskreis aus Überproduktion und Rabattwahnsinn; ganz abgesehen von der geringen Umwelt- und Sozialverträglichkeit der globalen Größen in der Modewelt. "Lösungen sind sehr komplex. Es reicht nicht, zu sagen: wir wollen auf natürliche Fasern wie Baumwolle setzen. Weil wir nicht genug Baumwollen haben. Weil Baumwolle viel Wasser braucht. Das hat Konsequenzen für andere Bereiche des Anbaus." Strähle sieht außerdem keine Krise der Modebranche, sondern eine der Geschäftskonzepte. Bei Kaufhäusern erwartet er ein "Sterben auf Raten". "Hier wurde der Onlinehandel massiv unterschätzt", sagt Strähle.

Wie sieht es mit Ihrem Kaufverhalten und Ihren Kaufentscheidungen aus? Hat sich Ihre Kauflust wieder eingestellt oder lässt Sie die neue Sommerkollektion kalt?

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