Christoph Schlingensief

APA/BARBARA GINDL

Gedanken für den Tag

Hubert Gaisbauer über Christoph Schlingensief

"Das Leben ist schön". Der Publizist Hubert Gaisbauer über den erst fünfzigjährig verstorbenen Künstler, anlässlich dessen 10. Todestages

Was will Kunst? Was wollte eigentlich Christoph Schlingensief? - ".vor allem wollte ich das Unsichtbare sichtbar machen", hat er gesagt, "wenn man plötzlich das Gefühl hat, man sieht etwas." Das ist Kunst. Etwas sehen, wie man es vorher nicht gesehen hatte. Menschen zum Beispiel, Arbeitslose, Migranten, Politiker. Neu sehen lernen, hinschauen. Einsicht gewinnen. Dazu wollte er aufwecken, aufschrecken, Augen öffnen, die eigenen und die der anderen.

Wien vor 20 Jahren, Festwochen im Jahr 2000: Container unmittelbar neben der Staatsoper, darin zwölf Asylwerber, von denen täglich zwei durch die Zuschauer per Internetabstimmung abgeschoben werden mussten. "Bitte liebt Österreich", hieß die Aktion Schlingensiefs - darüber in großen Buchstaben: AUSLÄNDER RAUS! Bereits am ersten Tag registrierte die Internetseite über 70.000 Zugriffe. Die Hauptdarsteller dieses Kunstprojekts waren nicht die Asylsuchenden, sondern die verhetzten Passanten, wie sie sich selber in ihrem Hass entlarvt hatten. "Was immer Christoph Schlingensief der Öffentlichkeit zugemutet hat: Gleichgültig ging nachher niemand seiner Wege." Geschenkt hat er ihr nichts.

Verständnislosigkeit herrschte bei allen Aktionen Schlingensiefs - und die Verständnislosen beschimpfte er als "Durchimmunisierte", denen die rettende Erfahrung des Schmerzes fehle. "Wir müssen heraus aus unserem neoliberalen Planquadrat", sagte er, "wir müssen hin zu uns selbst!"

Er hat nie zwischen Kunst und Leben unterschieden. Sein Bekenntnis: "In den tiefsten Tiefen meiner Seele bin ich Moralist, sehr bürgerlich." Warum ihm manche Menschen diesen Ansatz streitig machen wollen? Er denkt und sagt es auch: "um von ihren eigenen Sauereien abzulenken."

Christoph Schlingensiefs Credo und sein politisches Vermächtnis: Augen auf und etwas sehen, wie man es vorher nicht gesehen hatte, hinschauen. Einsicht gewinnen. Augen öffnen, die eigenen und die der anderen.

Service

Susanne Gaensheimer (Hg.), "Christoph Schlingensief, Deutscher Pavillon 2011", Katalog zu "Die Kirche der Angst vor dem Fremden in mir", Kiepenheuer & Witsch
Christoph Schlingensief, "So schön wie hier kanns im Himmel nicht sein. Tagebuch einer Krebserkrankung", Kiepenheuer & Witsch
Christoph Schlingensief / Aino Laberenz (Hg.), "Ich weiß, ich wars", btb Taschenbuch

Film: schlingensief. in das schweigen hineinschreien

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Walter Braunfels/1882-1954
Vorlage: frz.u.lat. Prozessakte von 1430/1431
Textdichter/Textdichterin, Textquelle: Walter Braunfels/1882-1954
Gesamttitel: JEANNE D'ARC - SZENEN AUS DEM LEBEN DER HEILIGEN JOHANNA / Oper in 3 Teilen nach den Prozessakten / LIVE-Gesamtaufnahme der Uraufführung von 2001 nach den Prozessakten / 2.Teil
Titel: 1. Vorspiel -- (00:01:13)
2.TEIL: DER TRIUMPH (VOR DER KATHEDRALE VON REIMS)
Leitung: Manfred Honeck
Orchester: Schwedisches Rundfunk-Symphonieorchester
Solist/Solistin: Juliane Banse /Johanna d'Arc/Sopran
Solist/Solistin: Terje Stensvold /Gilles de Rais/Baßbariton
Solist/Solistin: Günter Missenhardt /Herzog de la Trémouille/Baß
Solist/Solistin: Gunnar Gudbjörnsson /Karl von Valois/Tenor
Solist/Solistin: Monika Mannerström /Hl. Katharina/Sopran
Solist/Solistin: Katarina Böhm-Altéus /Hl.Margarete/
Solist/Solistin: Robert Künzli /Hl. Michael/Tenor
Solist/Solistin: Ulrik Qvale /Colin/Tenor
Solist/Solistin: Lars Arvidson /Jacobus von Arc/Baßbariton
Solist/Solistin: Per-Arne Wahlgren /Ritter Baudricourt/Bariton
Solist/Solistin: Per Björsund /Bertrand de Poulengy/Tenor
Solist/Solistin: Annika Hudak /Lison/Mezzosopran
Solist/Solistin: Henrik Holmberg /Herzog von Alençon
Solist/Solistin: Mathias Brorson /Florent d'Illiers/Bariton
Solist/Solistin: Mathias Brorson /Erzbischof vom Reims/Bariton
Solist/Solistin: Henrik Holmberg /Cauchon, Bischof von Beauvais
Solist/Solistin: Hans Anianasson /Vicar-Inquisitor/
Solist/Solistin: Eva Wedin /Ein Page
Solist/Solistin: Jon Sjunnesson /Ein Engländer
Chor: Schwedischer Rundfunkchor
Chor: Eric Ericson Kammerchor
Chor: Kinderchor von Nacka Musikklasser
Länge: 01:13 min
Label: Decca 4763978 (2 CD)

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