Blätter fallen von einem Ast.

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Gedanken für den Tag

Franz Josef Weißenböck über Tod und Leben

Um den eigenen Tod zu wissen, ist Auszeichnung und Last des Menschen. Hier komme auch die Religion ins Spiel, sagt der katholische Theologe und Autor Franz Josef Weißenböck

Es gibt Dinge, die sind untrennbar miteinander verbunden. Es gibt das eine nicht ohne das andere. Es gibt kein Leben ohne Tod, und der Tod ist ohne Leben nicht zu haben. Wahrscheinlich ist die Erkenntnis des Todes die Wurzel unserer Kultur, vor allem der Religionen. Es geht darum, dem Ganzen einen Sinn abzugewinnen, gerade im Angesicht der letztendlichen Vernichtung. Man mag solche Versuche als Paradoxie sehen. Dem Tod der Opfer des Terroranschlags am Montagabend kann man aber nur fassungslos gegenüberstehen. Diesem Tod einen Sinn abzugewinnen, wäre in dieser Zeit des Schmerzes zynisch.

Im Jahr 399 vor Christus ging in Athen Sokrates in den Tod. Umgeben von seinen Freunden trinkt Sokrates den Schierlingsbecher. Der Mann, der ihm den Giftbecher reichte, untersuchte von Zeit zu Zeit die Beine des Sokrates, um zu spüren, ob sie schon erkalteten. Platon berichtet, dass der sterbende Sokrates sich ein letztes Mal aufgerichtet und gesprochen habe: "Wir sind dem Asklepios noch einen Hahn schuldig", habe er gesagt, "entrichtet ihm den und versäumt es ja nicht". Asklepios war der Gott der Heilkunst. Der Auftrag des Sokrates, dem Asklepios zu opfern, wird als Dank für die Heilung von der Krankheit des Lebens gedeutet.

Sokrates ging heiter aus dem Leben. Und manchmal liefern Sterbende noch eine Pointe, die zum Lachen reizt. Das gilt für einen gewissen John Holmes, der im Jahr 1899 in Boston im Sterben lag. Die Krankenschwester befühlte immer wieder Holmes Beine. Den im Sterbezimmer Anwesenden erklärte sie, warum sie es tat: "Solang seine Füße warm sind, lebt er", sagte sie. "Noch nie ist jemand mit warmen Füßen gestorben". Da öffnete der sterbende Holmes seinen Mund und sagte mit letzter Kraft: "John Rogers schon!" Damit hatte Holmes recht. John Rogers starb 1555 als Häretiker auf dem Scheiterhaufen.

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Antonio Vivaldi/1678 - 1741
Album: L' Estro armonico - 12 Concerti op.3
* Andante - 1.Satz (00:02:25)
Titel: Concerto für 4 Violinen, Streicher und B.c. in e-moll op.3 Nr.4 RV 550
Ausführende: I Musici
Länge: 02:25 min
Label: Philips 4121292

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