Zeichnung mit Vögel

DENISA ANGHELUTA

Ö1 Kunstsonntag: Radiokunst - Kunstradio

Reduktion der Mittel und des Verbrauchs

HÖRFELD, ABGESTECKT.
A farewell to electronics.
von Bruno Pisek und Denisa Angheluta

Mit Stimmen: Denisa Angheluta, Nahoko Fort, Bruno Pisek, Klarinette: Yoshiki Tatara, Shakuhachi: Dieter Strehly, Text: Bruno Pisek & Denisa Angheluta, Übersetzungen: Patrick Hiehs, Nahoko Fort, Denisa Angheluta, Bruno Pisek, Zeichnungen: Denisa Angheluta, Kompositionen, Aufnahme, Tonschnitt: Bruno Pisek, Mastering: Martin Leitner

I. Hörfeld, abgesteckt.
Abgesteckt als unplugged, nicht elektrifiziert.
Und abgesteckt als begrenztes, definiertes Areal, in diesem Fall durch die Hörweite.

Das p.t. Hörpublikum möge beim Hören dieses Hörfelds auch den eigenen Atem als Bezugspunkt heranziehen. Vor allem in den Pausen.

Auf Grund des Themas ist das Hörstück auch formal in die Nähe japanischer Traditionen gerückt. Die drei Teile folgen der Idee von Jo, Betrachtung, Ha, Aufbruch und Kyu, in Bewegung, in der japanischen Musik. Die Musik bleibt vorwiegend monophon, die akustischen Ereignisse bleiben reduziert, die Verwendung der Wassertropfen folgt der Tradition des Suikinkutsu - Wassertropfeninstrument - und der Tradition des Hinhörens auf den einzelnen Klang, dem Hören in die Tiefe.
Und selbstverständlich stellt das Stück dem Hören neben unseren Sprachen Deutsch und Rumänisch auch den Klang des Japanischen durch Übersetzungen zur Verfügung

Auf Grund des Themas ist das Hörstück auch formal in die Nähe der Kernschmelze gerückt. Aus musikalischen Kernen entstehen immer wieder größere Strukturen.

Das Stück ist von Ruhe und Langsamkeit bestimmt, einer Referenz an das "Farewell" als Nachdenklichkeit.

Die Reduktion folgt auch der Erkenntnis, dass die Reduktion der Mittel und des Verbrauchs eine Folgerung aus der Entstehung dieses Hörstücks sind.


II. Angefangen hat dieses Hörstück am 11. März 2011 mit dem Tohoku-Erdbeben und der Nuklearkatastrophe von Fukushima. Diese beiden Ereignisse haben Fragen nach dem Verbrauch von elektrischer Energie und deren Reduktion für Radioarbeiten und für Performances nach sich gezogen.

Bruno Pisek hat daraufhin den Sprechchor gegründet, nur mehr für akustische Instrumente komponiert und bei Performances auf jede Form von elektrischer Verstärkung verzichtet.
Die gesamte Musikelektronik blieb seither unberührt. Bevor Pisek die Geräte entsorgt, wollte er diese Klangwelt mit einem Requiem verabschieden, ein Abschiedsdenkmal setzen: Farewell for (Music) Electronics. Im Laufe der Recherchen kommt es anders: Der Anspruch der Müllreduzierung stellt sich dem Wegwerfen entgegen. So entstand nun ein Hörstück, das in drei Abschnitten diese Entwicklungen, Gedankengänge und Erfahrungen beschreibt.

Es führt von der Nuklearkatastrophe von Fukushima, die noch immer anhält über den Wunsch nach Veränderung durch reduzierten Energieverbrauch, mit einem Besuch in Agbogbloshie, weiter über die Freude am Habitathören, dem Hören auf Einzelstimmen, akustischem Vordergrund, Mittelgrund und Hintergrund, der Vielstimmigkeit geophoner Klänge und Tierstimmen und dem Zusammenklang aller akustischen Elemente, sowie dem Erschrecken darüber, dass das gar nicht mehr so erfreulich ist, bis zum Versuch, über die Grenzen unserer Sprache hinauszugehen und aus der Sicht des Schilfrohrsängers weiterzuerzählen, eine Idee, die während eines Aufenthalts an der Biologischen Station in Illmitz entstanden ist. Ein weiter Bogen, ein langer Zeitraum.

Service

Danke an:
Christian Krönes und Florian Weigensamer, Blackbox Film
und Jürgen Kloihofer und Felix Sturmberger von "Heimwerk.audio"
für die Originaltöne aus Agbogbloshie aus dem Film "Welcome to Sodom"

Martin Leitner und Georg Jappe
für die Aufnahmen von der CD "Mit tausend Zungen"

Klingende Stäbe, Tamtam, Gong, japanische Fächertrommel, Violoncello, Perkussion, Wassertropfen, Schilf, Elektronik: Bruno Pisek

Ö1 Kunstradio

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