Petra Ramsauer über Angst

1. Februar 2021, 06:56

Angst kann ein Ratgeber sein, ein Impuls für Wachstum, aber auch ein Gefühl wie ein Bremsklotz. Richtig Angst zu haben ist eine Kunst, vielleicht eine der wichtigsten Lektionen im Leben.

Angst kann Leben retten, da sie blitzschnell den Organismus aktiviert und auf Notfall schaltet, und sie kann, wenn sie zur Einschüchterung und Manipulation missbraucht wird, Leben zerstören, krank machen, aber auch wichtige Veränderungen im Leben initiieren.

Als Krisenreporterin war mein Leben fast ein Vierteljahrhundert davon geprägt, mich der Angst, diesem elementaren Gefühl, mit möglichst klarem Kopf zu stellen. Der Angst Grenzen zu setzen, kann aber schwerfallen. Sie manifestiert sich mitunter überwältigend im Körper. Und oft passen Trigger und Reaktion nicht zusammen. Ein Kampf zwischen alten Gehirnstrukturen, die instinktiv und reflexhaft auf Bedrohung mit dem Stress des Überlebenskampfes antworten, und dem jüngeren, abwägenden und rationalem Denken tobt. Der Verstand gewinnt nicht immer.

Eine PowerPoint-Präsentation vor dem Führungsteam kann sich dann wie der Angriff eines Säbelzahntigers in der Savanne anfühlen. Letzterer konnte für unsere Vorfahren tödlich enden, doch ein Fehler im vorgetragenen Bericht eher nicht. Also nicht spontan. Von Angst ausgelöster Dauerstress kann sehr wohl das Leben gefährden; vor allem, wenn die Angst weggeschoben wird, sich zu einem Knäuel unterschiedlicher Unwohl-Gefühle im Bauch verknotet und der Notfallmodus nie zum Abklingen gebracht werden kann.

Motor dieses Dauerstresses ist auch der Drang zur Selbstoptimierung. Wird alles "richtig" gemacht, das Richtige gegessen, Sport betrieben etc. etc., dann resultiert daraus die wohlige Sicherheit, dass nichts Schlimmes passiert; nichts, was Angst macht. Oder wenigstens sollte. Leider ist diese Haltung doch erst Initialzündung für so richtig viel Angst, denn es droht alles an einem einzigen Fehler zu scheitern.

Service

Petra Ramsauer, "Angst", Verlag Kremayr & Scheriau

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• Gedanken für den Tag

Gestaltung

• Alexandra Mantler