Die wilden 80er Jahre (2)

13. Februar 2021, 13:00

Mit Starsopranistin Nancy Storace und scheiternden Opernaufführungen, sowie Musik von Wolfgang Amadé Mozart, Antonio Salieri, Michael Kelly, Joseph Haydn und anderen.

Der Tenor Michael O'Kelly ist seit 1783 Mitglied des Sängerensembles der Wiener Hofoper. Man spielt und singt Musik - und zumeist Uraufführungen - von Antonio Salieri, Vincenco Righini, Stephen Storace - dem komponierenden Bruder der Starsopranistin Nancy Storace -, Wolfgang Amadeus Mozart und anderen. Auch Nancy Storace, ausgesprochen "Storátsche", kommt 1783 als Hofsängerin von Italien nach Wien und ist innerhalb kürzester Zeit die unumstrittene Prima buffa, die auch mit ihrem Privatleben für Schlagzeilen sorgt. In Wien heiratet sie den Violinisten und Komponisten John Abraham Fisher, die Ehe dauert kurz, ihrem Mann wird körperliche Misshandlung seiner Frau vorgeworfen und Kaiser Joseph II höchstpersönlich verweist ihn der Stadt.

Auch Mozart ist von Nancy Storace hingerissen, der Kontakt ist eng, sie - berühmt für ihr komödiantisches Talent - wird seine Uraufführungs-Susanna im Figaro sein. Als die Operntruppe und somit auch Nancy 1787 - nach vier intensiven Wiener Jahren - die Stadt wieder verlässt, wird ein Abschiedskonzert organisiert und Mozart schreibt ein letztes Stück für ihre Stimme, eine Szene für Sopran, Klavier und Orchester. Am die Gesangsstimme zärtlich umspielenden Klavier sitzt Mozart selbst. In seinem eigenen, in diesen Jahren geführten Werkverzeichnis notiert Mozart: "Scena con Rondo mit Klavier Solo, für Mad.elle Storace und mich": "Fürchte dich nicht, Geliebter, auf ewig gehört dir mein Herz".

"Comme un ange", wie ein Engel habe sie gesungen, notiert der musikbegeisterte Graf Zinzendorf in seinem Tagebuch. Aber mitten in diesem Jahren ereignet sich wie aus dem Nichts Katastrophisches. Michael O'Kelly notiert in seinen "Erinnerungen": "Eines Abends in der Oper, der Kaiser war wieder mit seinem Bruder, dem Erzbischof, anwesend, stand ein neues Stück von Stephen Storace, dem Bruder der berühmten Sängerin Nancy Storace, auf dem Programm. Signora Storace und ich selbst spielten und sangen die Hauptrollen. In der Mitte des ersten Akts verlor Storace von einem Moment zum nächsten ihre Stimme und konnte für den Rest der Aufführung nicht einen einzigen Ton herausbringen. Das war natürlich für die Aufführenden wie auch für das Publikum niederschmetternd. Der Verlust der weiblichen Hauptrolle, die eine besonders geliebte und geschätzte Künstlerin war, war für alle Beteiligten und natürlich insbesonders für den Komponisten, der ja noch dazu ihr Bruder war, ein riesiger Verlust. Nie vergaß ich die Verzweiflung und Enttäuschung, die sich augenblicklich breitmachte, aber da konnte man noch gar nicht abschätzen, wie schwerwiegend der Fall wirklich war, denn es dauerte fünf Monate bis sie wieder auf die Bühne zurückkehren konnte."

Der temporäre Stimmverlust der Sopranistin Nancy Storace brachte die rasende Opernproduktion im Wien der 1780er Jahre beinahe ins Stocken. Spielpläne mussten umgestellt, Arien umgeschrieben werden. Als sich eine Genesung abzeichnete, war die Erleichterung unter den Komponisten so groß, dass aus diesem Anlass eigens Werke komponiert wurden, eines davon in einer wahrlich bemerkenswerten Konstellation. Gleich drei Komponisten werden als Urheber einer Kantate genannt, drei Komponisten, deren Uraufführungen in diesen Jahren ganz besonders von Nancy Storaces so besonders naturalistischer Gesangskunst abhängig waren. Ein gewisser "Cornetti" wird genannt, ein Pseudonym, hinter dem sich möglicherweise der in diesen Tagen in Wien als Komponist sehr erfolgreiche Bruder der Sängerin verbirgt, Stephen Storace. Er hat gemeinsam mit - man höre und staune - Antonio Salieri und Wolfgang Amadeus Mozart an dieser Canzonetta komponiert. Diese Gemeinschaftsproduktion von Mozart, Salieri und Cornetti aus 1785 trägt den bezeichnenden, auf die Bühnenrückkehr anspielenden Titel "Per la ricuperata salute di Ofelia" und bezieht sich außerdem auf die Rolle der Ofelia in Salieris Oper "La grotta di Trifonio", mit der Nancy Storace Triumphe gefeiert hatte. Das Ergebnis der Mozart/Salieri/Cornetti-Kooperation galt bis vor kurzem als verschollen, wurde aber bruchstückhaft 2015 im Archiv des Prager Nationalmuseums wiederentdeckt.

Ein wenig verliebt waren sie wohl alle in Nancy Storace, die Herren Komponisten. Als die Primadonna im Herbst 1787 Wien wieder verlässt, reist sie mit der Operntruppe über mehrere Stationen Richtung London. Dort wird sie später Joseph Haydn besuchen, nicht ohne, dass er ihr ein sehr persönliches Geschenk mitgebracht hätte, eine Kantate für ihre Stimme und Orchester. Es sei ein Stück für "seine liebe Storace", notiert er.

Service

Reminiscences of Michael Kelly

Sendereihe

• Le week-end

Gestaltung

• Elke Tschaikner
• Christian Scheib