Der Schatten eines stehenden Kindes

APA/DPA/RALF HIRSCHBERGER

Radiogeschichten

Dort, wo es brennt

"Grade von Nacktheit" von Lisa Moore. Aus dem Englischen von Kathrin Razum. Es liest Dorothee Hartinger

"Die obere Hälfte von Joans Haus ist in Flammen aufgegangen und abgebrannt, während sie unten schlief."

So beginnt Lisa Moores Kurzgeschichte "Grade von Nacktheit". Joan ist die Schwägerin der Ich-Erzählerin, sie wird eine Weile bei ihrer Familie wohnen. Kann man sich nackter, entblößter fühlen als Joan? Die Frage stellt Moore in ihrer Geschichte nie. Für die im Titel angekündigte Gradmessung benötigt sie nur eine fotografisch genaue, lakonische Sprache, die hinter den Alltagsszenen ihrer Mittelschichtsfiguren und deren Beziehungskonstellationen die Tiefen sichtbar macht.

Lisa Moore wird 1964 in St. John's, der Hauptstadt Neufundlands, geboren und zählt zu den bekanntesten Schriftstellerinnen Kanadas. "Degrees of Nakedness" lautet der Titel ihrer Kurzgeschichte im englischen Original, das schon 1995 erschienen ist. In den vergangenen Jahren wurden mehrere ihrer Romane ins Deutsche übersetzt - unter anderem das für den Booker Prize nominierte Buch "Und wieder Februar". Nun erschien bei Hanser "Fremde Hochzeit", eine Kompilation von Moores Kurzgeschichten aus mehreren Jahrzehnten. Darunter solche aus ihrem Debütband mit der titelgebenden Geschichte "Grade von Nacktheit".

Gestaltung: Antonia Löffler

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Lisa Moore: Grade von Nacktheit. In: Fremde Hochzeit. Aus dem Englischen von Kathrin Razum. Hanser 2020

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  • Antonia Löffler

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