Silhouette eines Kopfes und mathematische Formeln

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Gedanken für den Tag

Karl Sigmund über die Göttlichkeit der Mathematik

"Das Leben der Götter ist Mathematik". Der Mathematiker Karl Sigmund anlässlich des Tages der Mathematik

"Das Leben der Götter ist Mathematik." Dieser Satz des deutschen Dichters Novalis klingt überschwänglich, wie bei einem jungen Romantiker nicht anders zu erwarten.

Romantische Motive umgeben die Mathematik, wie etwa der Kult des Genies oder die Anbetung der Jugend. Typisch: die mathematische Heldensage von Evariste Galois, der mit 21 bei einem Duell starb. In der Nacht davor schrieb er seine umwälzenden algebraischen Entdeckungen nieder, deren Tragweite erst Jahrzehnte später erfasst wurde.

Ähnlich romantisch verbrämt die Legenden um jene, deren Leben zwischen Genie und Wahnsinn pendelte, wie etwa Georg Cantor, dem Schöpfer der Mengenlehre, Kurt Gödel, dem größten Logiker aller Zeiten, oder John Nash, der durch den Film "A beautiful mind" einem breiten Publikum bekannt wurde. Die wenigsten verlieren den Verstand, aber romantische Figuren sind alle, die sich den großen mathematischen Fragen hingeben und nach Lösungen suchen, oft jahrelang, und nicht selten vergebens. Fragt man sie, warum sie es tun, kommen alle möglichen Antworten. Aber die häufigste ist: Es macht mir Freude. Mathematik macht Freude. Stellt sich die Frage, wieso die Gesellschaft Leute bezahlen soll, das zu tun, was ihnen Freude macht.

Wohl, weil sich mit schöner Regelmäßigkeit herausstellt, dass mathematische Entdeckungen äußerst nützlich sein können - auch wenn das gar nicht beabsichtigt war. Wieso das so ist, bleibt ein Rätsel. Aber es trifft sich gut. Die griechischen Götter konnten nach Herzenslust Mathematik treiben, sie brauchten sich ja nicht um ihren Lebensunterhalt zu sorgen. Hingegen: Sterbliche Mathematikerinnen und Mathematiker müssen das sehr wohl. Da ist es wahrhaft eine glückliche Fügung, dass sie es anscheinend gar nicht vermeiden können, nützlich zu sein.

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Georg Philipp Telemann/1681 - 1767
Titel: Ouvertüre für Oboe, Trompete, Streicher und B.c. in D-Dur - Tafelmusik II Nr.1
* 2. Air, tempo giusto - 2.Satz (00:06:10)
Solist/Solistin: Maurice Andre /Trompete
Orchester: Concerto Amsterdam
Leitung: Frans Brüggen
Länge: 06:10 min
Label: Teldec 843418

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