Uwe Böschemeyer über den "inneren Schweinehund"

17. April 2021, 06:56

In dieser Zeit wird das Wort Wissenschaft sehr groß geschrieben. Wissenschaft befasst sich mit dem, was man messen und erklären kann. Sie schafft Wissen, nicht aber Weisheit.

Weisheit dagegen ist offen für die Tatsache, dass das Sichtbare in keiner Weise die ganze Wirklichkeit umfasst, ja, dass die Wirklichkeit weit mehr ist als das, was wir sehen oder messen können. Was man wirklich zum Leben braucht, so meine ich, ist der Blick dafür, dass die Welt mitsamt ihren natürlichen Tatsachen kein geschlossenes System darstellt, sondern weit darüber hinausgeht.

Drei einfache Beispiele: Jemand sagt nach einem abendlichen Spaziergang, er habe einen wunderschönen Stern gesehen. In Wirklichkeit hat er jedoch nur das Licht gesehen, das von diesem Stern ausging. Oder: "Ich hab da so eine gewisse Ahnung", sagt ein anderer, und nennt seine Ahnung kurz danach absurd. Dann staunt er, wenn sie sich später bestätigt. Oder: Da hat jemand einen "verrückten" Traum, der ihn vor einem bestimmten Menschen warnt. Das stimmt jedoch mit seinen langjährigen Erfahrungen in keiner Weise überein. Später aber stellt sich heraus, dass der scheinbar verrückte Traum ihn mit Recht gewarnt hat.

Was will ich sagen? Nur wer begreift, dass er selbst und die Welt, in der er lebt, letztlich ein Geheimnis ist, gelangt zu einer befreienden Demut. Wer seinen Verstand zwar wichtig nimmt, doch erkennt, dass er nur die Ränder des großen Lebens streift -, wird ein Mensch sein, der die faszinierende Suche nach seinem eigenen Sein und seinem eigenen Sinn nicht aufgibt.

Er wird vielleicht auch zu verstehen beginnen, wer oder was die Welt im Innersten zusammenhält. Und vielleicht wird ihm aufgehen, dass letztlich nicht eine anonyme Macht, sondern, so glaube ich - gegen alle Vernunft und gegen alles Verstehen - Gott unser Leben in Händen hält.

Service

Uwe Böschemeyer, "Der innere Gegenspieler. Wie man ihn findet und überwindet", Verlag Ecowin

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Sendereihe

• Gedanken für den Tag

Gestaltung

• Alexandra Mantler